Cover; Artwork (Mariposas)

»Mariposas« ist Spanisch und bedeutet Schmetterlinge. In diesem Spiel geht es demnach um die bunten Flattermänner im Allgemeinen – und die legendären Wanderungen der amerikanischen Monarchfalter durch Mexiko, die Vereinigten Staaten und Kanada im Speziellen.

Thematisch erinnert das durchaus an Flügelschlag, das Spiel für nordamerikanische Vogelliebhaber (zu dem es mittlerweile auch Erweiterungen mit europäischen und australischen Vögeln und eine Steam-Umsetzung gibt). Allerdings spielt sich Mariposas ganz anders als das immer noch sehr populäre »Kennerspiel des Jahres 2019«, doch dazu gleich mehr.

Was bei Mariposas auf jeden Fall sofort auffällt, ist, dass die Monarchfalter und ihre Migration dem Spiel nicht bloß als Themen übergestülpt wurden, sondern dass beides der Autorin tatsächlich als Inspiration gedient haben muss. Wie in freier Wildbahn verlassen die Schmetterlinge im Frühjahr nämlich Mexiko, breiten sich aus über die östliche USA und erreichen manchmal sogar das südliche Kanada, bevor sie im Herbst wieder zurück migrieren.

Nahaufnahme (Mariposas)
© Hendrik Breuer

Auch dass individuelle Falter den Treck nicht überleben, sondern es mehrere Generationen der Tiere sind, die zusammen (also quasi wie bei einem Staffellauf mit Millionen Teilnehmern) Tausende Kilometer absolvieren, ist gut umgesetzt. Die Schmetterlinge haben nämlich eine sehr kurze Lebensspanne von nur wenigen Monaten, in denen sie sich einmal fortpflanzen. So startet zwar eine erste Generation der Falter in Michoacán, zur Schlusswertung bringen aber ausschließlich die Urenkel dieser ersten Monarchen Punkte ein.

Was im Großen Sinn ergibt, zieht sich auch ins Kleine. Die Spielfiguren-Falter fliegen nicht geradlinig und zielgerichtet übers Spielbrett, sondern »flattern« tatsächlich wie echte Schmetterlinge auf einer Blumenwiese umher: erratisch, kreuz und quer und von Blüte zu Blüte. Dass die echten Monarchfalter auf diese Weise einen ganzen Kontinent durchqueren, ist eigentlich kaum vorstellbar, wenngleich natürlich ein bekanntes Naturphänomen. Atmosphärisch ist Mariposas also wirklich sehr dicht und überzeugend umgesetzt, das kann man hier durchaus als echtes Plus festhalten.

Das ist ein sehr starkes Spiele-Design.

Spielerisch fällt mein Urteil allerdings nicht so eindeutig aus. Zunächst einmal lässt sich Mariposas gar nicht klar in die bekannten Kategorien einordnen. Ist es ein kartengetriebenes Wettrennen? Irgendwie schon. Ein Set Collection Game (also ein Sammelspiel)? Durchaus. Ein Spiel, bei dem es vor allem ums perfekte Timing geht beim Ausbreiten auf der Landkarte und bei der Fortpflanzung? Ja, ich denke, vor allem das! Doch wie bezeichnet man so ein Werk?

Spielszene (Mariposas)

Das weiß ich tatsächlich nicht und es ist auch gar nicht so wichtig. Ein neuartiges Spielgefühl ist ja immer gerne gesehen. Auf die Regeln brauchen wir nicht groß eingehen, die sind schnell erlernt, sodass die erste Partie sogleich beginnt – und einen eine Dreiviertelstunde später etwas ratlos zurücklässt. Das war es schon? Losflattern, rumfliegen, ein paar Marker und Karten einsammeln und direkt zurück nach Mexiko hetzen?

Doch mit jeder weiteren Partie steigt man besser durch bei Mariposas. Die Jahreszeiten-Zielkarten geben elegant vor, wie man die aktuelle Partie am besten angeht, und motivieren uns subtil, den natürlichen Lebenszyklus der Falter spielerisch abzubilden. Wer diese Zwischenziele ignoriert, wird kaum gewinnen. Das ist ein sehr starkes Spiele-Design.

Allerdings überzeugt mich Mariposas auch nicht vollends. Dazu ist es dann doch zu ruhig und meditativ. Es gibt überhaupt keine Interaktion zwischen den Spielenden, man kann niemandem etwas wegschnappen oder jemandem eins auswischen. Felder sind nie belegt und alle Ressourcen sind immer ausreichend vorhanden. Das führt dann dazu, dass man eigentlich überhaupt nicht beachten muss, was die Mitspielenden so treiben, obwohl wir auf demselben Spielbrett unterwegs sind. Mariposas könnte – auch wegen der Aufmachung – das friedlichste kompetitive Spiel sein, das mir je untergekommen ist.

Verpackung (Mariposas)

Mir fehlt dann allerdings doch etwas an diesem Spiel.

Fazit: Autorin Elizabeth Hargrave hat gar nicht erst versucht, ihr mega erfolgreiches Erstlingswerk Flügelschlag zu klonen. Und doch erinnert Mariposas aufgrund des Settings an den Vorgänger. Wer Flügelschlag vor allem wegen des unverbrauchten und hübschen Themas mochte, wird bestimmt auch Gefallen an der bunten Wanderung der Schmetterlinge finden.

Mir fehlt dann allerdings doch etwas an diesem Spiel. Vielleicht ist es nur der Wettbewerb, vielleicht ist aber auch einfach bloß zu wenig Action auf dem Spielbrett.

Mariposas von Elizabeth Hargrave, Alderac Entertainment Group, 2–4 Spieler ab 10 Jahren, ca. 40 Euro. Das Spiel ist kürzlich auf Deutsch erschienen und dürfte bald im Handel erhältlich sein.