Key Art (Super Mario Galaxy)

Ja, Microsoft wollte sich tatsächlich die Erfinder von Game Boy und SNES einverleiben, auch wenn das Gespräch mit den Japanern deutlich anders ablief, als es sich die Verantwortlichen bei Microsoft vorgestellt hatten.

Die Akquirierung von Nintendo sollte Microsoft den Zugriff auf exklusive Spieletitel für die geplante Xbox-Konsole geben. Bob McBreen, Head of Business Development bei Microsoft, begründete den Schritt in einem Interview mit der Bloomberg-Redaktion rückblickend damit, dass man auf eine Zusammenarbeit mit Nintendo gehofft habe, weil Nintendos Hardware im Vergleich zur PlayStation von Sony »abstank«. Kevin Bacchus, Ex-Director of Third Party Relations, beschreibt das Treffen folgendermaßen:

»Steve [Ballmer, ehemaliger CEO von Microsoft, Anm. d. Red.] wollte, dass wir uns mit Nintendo treffen, um zu sehen, ob sie in Erwägung ziehen würden, von uns gekauft zu werden. Aber sie haben sich einfach den Arsch abgelacht. Stellt euch vor, jemand lacht euch einfach eine Stunde lang nur aus. So in der Richtung lief das Treffen etwa ab.«

Die Vorstellung, dass Microsoft einmal Nintendo kaufen wollte, wirkt in der Retrospektive wirklich ziemlich lustig. Dass Nintendo den Deal ablehnte, verwundert ebenso wenig, wenn man bedenkt, dass das japanische Traditionsunternehmen in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder bewiesen hat, dass leistungsfähige Hardware nicht alles ist. Microsoft versuchte derweil, auch EA und Square (Enix) zu kaufen, aber auch hier verliefen die Gespräche erwartungsgemäß fruchtlos.

Das Problem, das Microsoft bei der Entwicklung der Xbox-Konsole bewältigen musste, bestand darin, dass das Unternehmen kaum über interne Expertise im Bereich der Spieleentwicklung verfügte – im Gegensatz zu Nintendo. Da verwundert es also wenig, dass Microsoft sich bemühte, erfahrene Firmen aufzukaufen. Immerhin konnte Microsoft ja dann später noch das Entwicklerstudio Rare von Nintendo erwerben, auch wenn damit die Erfolgsgeschichte der Donkey Kong Country-Macher ein langfristiges Ende fand.

Die Aufstellung von Microsoft im Hardware- und Nintendo im Software-Bereich wirkt übrigens bis heute nach: Denn während Microsoft sich weiterhin fleißig um den Erwerb externer Entwicklerstudios bemüht, mittlerweile mit Erfolg (z. B. ZeniMax Media), hat Nintendo jüngst zum ersten Mal seit 2002 ein Studio außerhalb Japans gekauft, nämlich Next Level Games (Luigi’s Mansion 3).

Microsoft selbst landete nach diversen fehlgeschlagenen Versuchen jedenfalls irgendwann doch den entscheidenden Coup: Das Unternehmen kaufte im Jahr 2000 nämlich ein kleines, unbekanntes Team aus Chicago, das sich gerade in finanziellen Schwierigkeiten befand. Der Name des Studios: Bungie.