Bereits das acht Minuten lange Intro lässt keine Fragen offen: Gran Turismo richtet sich ganz klar an Liebhaber PS-starker Autos. Diese Liebe zum Detail zieht sich vom Intro, welches die Geschichte der Automobile und des Motorsports beinhaltet, weiter durch das gesamte Spiel: egal ob Fotomodus, Händler, Cafe, Museum oder die Rennstrecke selbst.
Gran Turismo 7 beinhaltet zahlreiche Geschichten und Fotos zu Herstellern und berühmten Wagen aus aller Welt. Zudem erwarten uns Hunderte Echtweltfotos, in die wir unsere eigenen Autos platzieren können. Autofans und virtuelle Fotografen können sich somit vollends austoben.
Das GT Cafe
Polyphony Digital bringt mit Gran Turismo 7 die klassische Rennspiel-Experience zurück, gleichzeitig wartet der siebte Hauptteil aber auch mit einigen Neuerungen auf. Darunter etwa Musik-Rallye-Events und das Cafe.
Veteranen wie Neulinge werden durch alle Features und Neuheiten geführt. Die Musik Rallye ist dabei ausgelagert und kann auch genutzt werden, während das restliche Spiel noch herunterlädt.
Zum Beat von ausgewählten Musikstücken geht es hier über verschiedenste Strecken, die ebenso wie der eigene Wagen fest vorausgewählt sind. Je nach Abschneiden winken die bekannten Medaillen in Bronze, Silber oder Gold.
Das Cafe ist in den ersten Spielstunden das Herzstück von Gran Turismo. Wer will, kann aber auch die klassischen Lizenzprüfungen angehen und viele Stunden damit verbringen, Goldmedaillen zu sammeln.
Ganz typisch für die Serie fangen wir aber erst einmal klein an, denn das Geld reicht nur für einen alten Klassiker. Entsprechend gemächlich geht es zu Beginn zu, auch wenn man den guten alten Golf GTI bestens tunen kann. Dazu aber später mehr.
Im Cafe bekommen wir Herausforderungen in Form von Menübüchern serviert. So lernen wir nach und nach alle Features von GT7 kennen, schalten neue Rennstrecken frei und erhalten Autos aus aller Welt.
Die Menübücher sind dabei meist auf Epochen oder Hersteller konzentriert. In den Rennen selbst müssen wir im Regelfall unter die Top 3 kommen, um die Belohnung zu erhalten.
Mit der Zeit sammeln wir einen sehr ansehnlichen Fuhrpark an. Zwischendrin lernen wir den Gebrauchtwagenhändler mit wechselndem Angebot kennen, den klassischen Händler sowie den Shop für legendäre Autos. Gleiches gilt für den Scapes-Foto-Modus, die Fahrprüfungen, Missionen und den Multiplayer.
Der Umfang von Gran Turismo 7 kann bereits jetzt überzeugen, weitere Inhalte sollten mit regelmäßigen Updates folgen – insbesondere weitere Boliden. GT7 bietet zwar Hunderte Autos, Vehikel aus dem letzten Jahrzehnt sind aber noch Mangelware.
Die Begeisterung stellt sich auf der Strecke ein
Ich gebe zu, in der Anfangsphase hat mich Gran Turismo 7 nur bedingt begeistert. Viele Strecken und grafische Elemente sind aus Gran Turismo Sport bekannt und nur in Details verbessert. Generell hat mich das Spiel tatsächlich erst nach einigen Events so richtig gepackt, dafür aber dann umso mehr.
Ob das an den neu gebauten Strecken und neuaufgelegten Klassikern für GT7 wie Trial Mountain lag, den schnelleren Wagen oder einer Mischung vieler Elemente? Fast egal, denn spätestens nach einigen Stunden will man sich gar nicht mehr von seiner PlayStation trennen.
Dann heißt es schnell: Ach, jetzt fehlen mir nur noch Bruchteile einer Sekunde zur Goldmedaille oder man will nur noch das Event oder die Meisterschaft abschließen, dieses oder jenes Auto freischalten oder die neuen Rennreifen via Upgrade einbauen. Die Zeit vergeht dabei wie im Flug.
Grafisch wissen insbesondere die neueren Strecken und überarbeiteten Klassiker-Pisten aus den Vorgängern zu überzeugen. Die wahren Highlights von Gran Turismo bleiben aber die unglaublich detaillierten Wagen, die Cockpits und die gesamte Beleuchtung der Strecke und Umgebung.
Kaum ein Spiel begeistert auf einem guten HDR-TV so sehr wie Gran Turismo, dass galt aber auch bereits für Gran Turismo Sport. Die dynamischen Tag- und Nachtwechsel sowie Wetterveränderungen tun ihr Übriges.
Kommen all diese Elemente zusammen, wirkt Gran Turismo 7 wirklich unglaublich fotorealistisch. Die PlayStation-5-Version profitiert dabei von einer nativen 4K-Auflösung mit praktisch immer flüssigen 60 Bildern pro Sekunde und extrem kurzen Ladezeiten.
Gerade bei Gran Turismo 7 macht sich das positiv bemerkbar, da wir häufig zwischen Menüs wechseln müssen und neue Rennstrecken geladen werden. Auf der PS4 muss man hingegen mit deutlich längeren Ladepausen rechnen.
Raytracing-Effekte gibt es nur in Wiederholungen und in ausgewählten Menüs abseits der Rennaction. Ein Grafikmodus mit dynamischer Auflösung und aktivem Raytracing für Reflexionen wäre sicherlich interessant gewesen.
Das Fahrgefühl ist ein echtes Highlight
Kommen wir aber zu den Punkten, die am meisten zählen, nämlich dem Fahrgefühl und Simulationsgrad in Gran Turismo 7. Die einen bezeichnen Gran Turismo als Simulation, andere als Simcade, also eine Mischung aus Simulation und Arcade.
Ein GT7 spielt sich deutlich anspruchsvoller als ein Forza Horizon, GRID Legends oder NFS, gleichzeitig ist es aber nicht so extrem wie ein iRacing oder Assetto Corsa Competizione. Dafür lässt sich GT7 auch als Neuling oder Fan von Arcade-Racern dank Fahrhilfen und einem KI-Schwierigkeitsregler spielen. Auch die Steuerung via Gamepad funktioniert bestens.
Dennoch bleibt Gran Turismo dabei anspruchsvoller als Arcade-Games, wer nicht aufpasst, dem brechen die PS starken Boliden schnell aus, daher heißt es mit Gefühl bremsen und Gas geben. Bei Regen und anspruchsvollen Kursen und besonders leistungsstarken Boliden wird das Level nochmals deutlich angehoben.
Mit einem Camaro bei Regen über die Nordschleife, dazu braucht es dann doch einiges an Übung und den einen oder anderen Versuch, wenn man es in die Top-Platzierungen schaffen will.
Eine Rückspulfunktion wie in F1 2021 oder GRID Legends sucht man in Gran Turismo 7 übrigens vergebens. Fahrfehler haben somit deutlich härtere Konsequenzen in Form eines Zeitverlusts. Daher bleibt dann oft nur ein Neustart, dass gehört aber zur Spielerfahrung dazu und frustrierte uns im Test auch keinesfalls. Etwas Übung und Gefühl muss man also definitiv mitbringen.
Gran Turismo 7 spielt sich dabei ausgezeichnet mit dem Dual Sense, man spürt schnell, wenn der Wagen auszubrechen droht. Die Implementierung der Features des Controllers ist sehr gut gelungen und gehört zu den Besten, was man auf der PS5 aktuell zu bieten bekommt. Mit einem guten Lenkrad macht GT7 aber noch mal etwas mehr Spaß, es stellt aber keineswegs ein Muss dar.
Über Händler, Einzelrennen, Wettkämpfe, Strecken, Missionen, Cafe und Co. haben wir bereits gesprochen, aber über einen sehr wichtigen Punkt noch nicht: das Tuning. Tuning ist ein großer Teil von Gran Turismo, dabei werden einem glücklicherweise Hilfetext angeboten, denn man sollte nicht einfach blind alle Upgrades in verschiedenen Stufen nacheinander einbauen, was übrigens auch stark ins Geld geht.
Turbolader, Gewichtsreduzierung, Bremsscheiben, Luftfilter, Kompressor, verschiedene Reifentypen und sogar ein Motorkraftbegrenzer sind im Angebot. Die Leistungsstufe wird dabei durch Upgrades fast immer erhöht.
Aber Achtung, an späteren Meisterschaften und Missionen kann man nicht mehr teilnehmen, wenn der eigene Wagen zu stark getunt ist. Dann kommen insbesondere die Leistungsdrosselung und zusätzliche Gewichte zum Tragen, um die Leistung für ausgewählte Events wieder nach unten zu schrauben.
Nicht alle Upgrades sind für alle Wagen und Events sinnvoll, so muss man etwa Schwerpunkte auf die Leistung in niedrigen und mittleren Gängen, Beschleunigung oder Endgeschwindigkeit legen. Was ebenso wie die Reifen sehr starke Auswirkungen auf die Fahrbarkeit des Autos und die Rundenzeiten haben kann, je nach Strecke.
Hinzu kommen sich verändernde Wetterbedingungen oder Meisterschaften mit Regenrennen. Wer hier mit Slicks antritt, hat keine Chance, den Wagen unter Kontrolle zu behalten. Im Trockenen ist man aber mit weichen Rennreifen äußerst schnell und mit bestem Grip unterwegs, dafür nutzen sich diese schneller ab.
Es gilt vieles zu bedenken und wer will, kann an unzähligen Details herumschrauben und so das Auto weiter tunen, die Karosserie verbreitern, am Heckflügel schrauben und, und, und. Das Fahrgefühl ist großartig, kann mit dem falschen Tuning oder zu wilden Eingaben aber auch schnell zur Rutschpartie verkommen.
Nicht vergessen wollen wir dabei auch das großartige Physiksystem der Wagen, welches nicht nur optisch eine Menge her macht. Das Schadenssystem fällt hingegen sehr dürftig aus, selbst schlimmste Unfälle sorgen nur für Kratzer in den Luxuskarossen.
Zu guter Letzt sei noch die Vielfalt der Autos aus den USA, Europa und Asien erwähnt. Rallye-Wagen und entsprechende Strecken sind ebenso vorhanden wie Stadtkurse, bekannte Rennstrecken aus der ganzen Welt, seltene Sport- und Tourenwagen, echte Klassiker und Formel-1-Boliden. So findet man in GT7 Autos wie den Golf 1 GTI 83, BMW M3, Porsche 911, einen VW Samba Bus, Toyota Yaris, Nissan GT-R, diverse Mustang und Corvette-Varianten und legendäre Wagen wie den Ferrari F50.
Das Fahrgefühl ist großartig, die Grafik stellenweise atemberaubend schön und die Steuerung mit Gamepad tadellos.
Fazit: Es ist lange her, dass mich ein Rennspiel so intensiv vor den Bildschirm fesseln konnte. Endlich gibt es wieder ein klassisches Gran Turismo, samt kniffliger Fahrprüfungen, dem gemächlichen Einstieg und seiner Detailverliebtheit. Das Fahrgefühl ist großartig, die Grafik stellenweise atemberaubend schön und die Steuerung mit Gamepad tadellos.
Kleinere Schwachpunkte gibt es aber dennoch, darunter die eher dürftige Musikauswahl. Die Motorensounds sind je nach Wagen spürbar anders und richtig kraftvoll. Das Tuning ändert das Fahrgefühl sowie den Sound deutlich.
Einige ältere Kurse aus GT Sport hätten ein größeres Grafik-Update verdient, stellenweise sieht das neue Gran Turismo dennoch fast schon wie die Realität aus. Wer Gran Turismo 7 die nötige Zeit gibt, der wird mit einem fantastischen und umfangreichen Rennspiel belohnt.
Selbst Anfänger können mit etwas Geduld Erfolge feiern und eine Menge Spaß haben. Einen Arcade-Racer wie Forza Horizon oder eine Rückspulfunktion sollte man aber nicht erwarten.
Gran Turismo ist seit dem 4. März 2022 für PlayStation 4 und PlayStation 5 erhältlich.