Key Art (GRID Legends)

Der Zeitpunkt des Release hat es in sich. Nicht nur, dass zwei riesige Rennspiel-Marken ihre Rückkehr feiern, auch andere Schwergewichte wie Elden Ring und Horizon Forbidden West buhlen um die Aufmerksamkeit der Gamer. Da verwundert es nicht, dass Codemasters neues Rennspiel GRID Legends etwas unter dem Horizont fliegt oder besser fährt.

GRID Legends ist aber weder eine Motorsport-Simulation à la Gran Turismo noch ein Open-World-Spektakel wie Forza Horizon, sondern ein klassisches Arcade-Rennspiel mit zahlreichen Fantasie- und Realkursen. Auch die Story mit echten Schauspielern ist ein Alleinstellungsmerkmal.

Wer sich weniger stark mit der Rennspiel-Reihe beschäftigt, kann mittlerweile durchaus von den Benennungen seitens Codemasters verwirrt sein. GRID Legends stellt jedenfalls den Nachfolger des durchwachsenen GRID (2019) dar. Die Wurzeln führen aber sogar bis auf DTM Race Driver und TOCA Ende der 90er-Jahre zurück.

Doch für was steht GRID Legends eigentlich? Diese Frage habe ich mir während des Testens selbst öfter gestellt. Tourenwagen? E-Autos? Open-Wheel? Trucks? Moderne High-End-Sportwagen? Tuning? Positiv gesagt bietet GRID Legends viel Abwechslung, aber so richtig überzeugen kann das Rennspiel in keinem Aspekt und das gilt auch für den neuen Story-Modus.

Das Problem mit Stories in Rennspielen

Ich bin ein großer Fan von Story-Modi in Sportspielen, egal ob FIFA, Madden oder zuletzt auch F1 2021 von Codemasters selbst. Im Gegensatz zu den vorgerenderten Szenen voller Computergrafik hat man sich bei GRID Legends allerdings für eine Mischung aus CGI und echter Schauspieler entschieden.

Leider kann die Story dabei aber nicht einmal annähernd mit einer Serie wie Netflix’ Drive to Survive mithalten und sie zieht auch gegenüber der Geschichte in F1 2021 deutlich den Kürzeren.

Das liegt gleich an mehreren Problemen. Zum einen sind wir der Gesichtslose »Fahrer 22«, einen eigenen Namen kann man weder wählen noch sich erarbeiten. Warum wird wohl das Geheimnis der Story Writer bleiben.

Nicht einmal einen Vornamen oder Spitznamen können wir wählen. Natürlich ist die Story in dieser Form einfacher und günstiger umzusetzen, wir hätten uns aber trotzdem ein Gesicht und einen Namen gewünscht.

Autogramm (GRID Legends)

Zum anderen werden die restlichen Charaktere blass und völlig überspitzt dargestellt. Da haben wir das eigene Underdog-Team mit wenig Ressourcen auf der einen Seite und gegenüber die fiesen und arroganten Gegenspieler von Team Ravenwest. Weder die Leistung der Schauspieler noch das Drehbuch können überzeugen.

Die eigenen Leistungen haben auch keinerlei Auswirkungen auf die Geschichte. Meist muss zum Fortschreiten der Story lediglich ein bestimmter Platz erreicht werden. Es gibt zwar kleinere Wendungen im Verlauf der Geschichte, überraschend oder spannend sind diese aber ebenfalls nicht.

Ich bin zwar kein Fan davon, aber bei GRID Legends kann ich tatsächlich jeden verstehen, der irgendwann die Story-Sequenzen einfach nur noch überspringt. Wer will, kann den Story-Modus aber auch komplett links liegen lassen und sich direkt an Zeitrennen, Karriere oder den Multiplayer-Modus wagen.

Ein wildes Durcheinander

Wie es sich für ein Rennspiel gehört, sammeln wir mit jeder Aktion Punkte und virtuelle Währung an. Simple Upgrades (Leistung, Handling etc.) und ein äußerst rudimentäres System zur optischen Anpassung unserer Autos steht dabei jederzeit (außerhalb des Story-Modus) zur Verfügung.

Meist klatscht man dabei aber einfache Designs auf seine Wagen, einen ausgefeilten Livery-Editor sucht man leider vergebens. Im Bereich Tuning und Individualität ist GRID Legends daher nicht mehr auf der Höhe der Zeit, sodass wir meistens mit den Standard-Designs der Autos gefahren sind, welche zumindest sehr gelungen sind.

Während wir in der Story völlig willkürlich in praktisch alle vorhandenen Wagen-Klassen geworfen werden, hat die normale Karriere mehr Struktur zu bieten. Tourenwagen, Open-Wheel, E-Autos: Hier können wir endlich frei wählen, was wir fahren wollen und haben durch das Freischalten von neuen Designs, Upgrades sowie Wagen ein Gefühl von Fortschritt.

Auf der Piste kehrt aber das Chaos schnell zurück, denn GRID Legends ist ein waschechter Arcade-Racer, bei dem mehr gedriftet als gefühlvoll gebremst wird. Das Schadensystem ist überschaubar und oftmals schiebt man sich mit Gewalt durch das Feld.

Dabei kommt das alte Nemesis-System zurück. Rammt man zu hart in Kontrahenten, werden diese zukünftig etwas ruppiger euch gegenüber. Meist fällt das aber nicht wirklich auf, denn auf den ersten drei Stufen stellen die Gegner keine wirkliche Herausforderung dar.

Immerhin bauen die KI-Fahrer hin und wieder selbst Unfälle, was für spaßigere Rennen sorgt. Die Codemasters bekannte Rückspulfunktion gibt es auch in GRID Legends, der Einsatz dieser ist im Gegensatz zu F1 2021 allerdings nur äußerst selten notwendig.

Das Fahrgefühl selbst ist solide, wobei sich die verschiedenen Trucks und Autos spielerisch kaum voneinander unterscheiden. Ob man jetzt in einem Open-Wheel-Auto oder in einem Sportwagen sitzt: Das Fahrgefühl fühlt sich fast identisch an. Selbst Regenrennen haben nur bedingt Einfluss auf das Handling der vielen unterschiedlichen Auto-Klassen.

Saubere Grafik ohne Highlights

Auf den Next-Gen-Konsolen stehen zwei Grafikmodi bereit, wahlweise 4K bei 60 Bildern pro Sekunde oder 1440p bei 120 fps. Getestet haben wir dabei nur den Standard-Modus, welcher auf der PS5 in gefühlt stets butterweichen 60 fps über den Bildschirm fliegt.

Grafisch kann GRID Legends nicht mit den Highlights für die neuen Konsolen mithalten. Die Automodelle sind maximal gut getroffen, beeindruckend kann GRID Legends sonst aber nicht und das gilt auch für die Umgebungen sowie Wettereffekte.

Einen optischen Kracher sollte man daher nicht erwarten, es wird durchaus Zeit, dass Codemasters an seiner eigenen Engine ein paar Next-Gen-Upgrades vornimmt, denn auch Dirt 5 war kein grafisches Schmankerl mehr.

Die musikalische Untermalung fällt ebenfalls sehr dezent aus, auf bekannte Musikstücke muss verzichtet werden. Der Sound ist dafür kraftvoll und gut umgesetzt.

Wer die GRID-Reihe bereits längere Zeit spielt, dem dürften außerdem viele Assets und Strecken sehr bekannt vorkommen. Die Auswahl ist dadurch zwar groß, neue Wow-Effekte sucht man aber vergebens.

GRID Legends bietet abseits von Events, Karriere, Story und Einzelrennen auch einen Mehrspieler-Modus. Dieser funktionierte im Test tadellos und kann mit seinem Arcade-Charakter für einige spaßige Stunden sorgen.

Wer nach unkompliziertem Arcade-Rennspaß sucht, kann mit GRID Legends nicht viel verkehrt machen.

Fazit: Mit GRID Legends liefert Codemasters im Kern ein solides Rennspiel ab, ohne aber echte Highlights setzen zu können. Für einige Stunden kann der Arcade-Racer Spaß machen oder eben für die eine oder andere Runde zwischendurch.

Die Story-Kampagne fällt leider dürftig aus und kann bedenkenlos ignoriert werden und auch der Karriere-Modus bietet nur wenig Optionen. Beide Kern-Spielmodi bleiben deutlich hinter dem eigenen F1 2021 zurück.

Vielfalt und Umfang gehen aber unter dem Strich in Ordnung und wer nach unkompliziertem Arcade-Rennspaß sucht, kann mit GRID Legends nicht viel verkehrt machen. Ein echtes Highlight oder Konkurrenz zu Forza Horizon und Gran Turismo ist Grid Legends hingegen nicht. So bleibt auch grafisch nur ein solides Rennspiel übrig.

GRID Legends ist seit dem 25. Februar 2022 für PC, PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox One und Xbox Series X|S erhältlich.