Key Art (Hogwarts Legacy)

Mit den Harry Potter-Romanen konnte ich nie etwas anfangen, und die gleichnamigen Blockbuster mit Daniel Radcliffe in der Hauptrolle habe ich nach ein paar Minuten aus dem DVD-Player geworfen. Das ganze Potterversum mit seiner albernen Terminologie geht mir einfach gegen den Strich. Wenn ich Muggelkunde, chinesischer Kaukohl, Hippocrates Smethwyck, Butterbier oder Hufflepuff höre, möchte ich mir sofort Salzsäure in die Ohren kippen.

Ich war daher sehr überrascht, als ich gebeten wurde, Hogwarts Legacy zu testen. Wie soll ich dieses Spiel objektiv bewerten, wenn mich alles, was mit Harry Potter zu tun hat, zutiefst abstößt? Was ich aber gefunden habe, ist eine verdammt gute Spielmechanik, detaillierte Kulissen und ein toller Soundtrack.

Hervorragendes Action-Rollenspiel

Mittlerweile habe ich etwa 35 Stunden Spielzeit hinter mir und bin traurig, weil sich mein Abenteuer dem Ende zuneigt. Ich widme mich nun den verbleibenden Nebenquests und Sammelaufgaben, um das Unvermeidliche so lange wie möglich hinauszuzögern. Kurz gesagt, ich liebe dieses Spiel und kann nur erahnen, wie fantastisch es für jemanden sein muss, der ein Fan von Harry Potter ist.

Da ich keiner bin, kann ich nicht einschätzen, ob das Spiel der Vorlage treu bleibt oder hinsichtlich des Storytelling mithält. Während einer meiner Testsitzungen war jedoch ein echter Fan anwesend, der ständig Schreie der Entzückung ausstieß und versicherte, dass Hogwarts Legacy der »feuchte Traum« eines jeden Potterheads sei.

Abenteuer (Hogwarts Legacy)

Eine geheimnisvolle Welt

Den Spieleinstieg empfand ich als etwas zäh, da man als neuer Zauberschüler logischerweise erst ein paar Charaktere kennenlernen und viel Gelaber ertragen muss. Nach etwa zwei Stunden darf man aber erstmals in die freie Welt hinaus und ab da hatte mich das Spiel am Haken.

Die Welt ist vollgestopft mit interessanten Schauplätzen, rätselhaften Ruinen und versteckten Schätzen. Ich fühlte mich stellenweise an Capcoms Dragon’s Dogma erinnert, denn auch da war die Open World furchteinflößend und einladend zugleich.

Immer wieder hört oder sieht man etwas, das die Neugierde weckt, aber gleichzeitig befürchten lässt, dass hinter der nächsten Ecke eine Bedrohung wartet, der man nicht gewachsen ist. Schließlich streifen eine Menge unfreundlicher Kreaturen in der Wildnis umher.

Ich möchte nicht zu viel verraten, aber manchmal verströmt Hogwarts Legacy auch richtig schöne Fable-Vibes. Genau wie in Lionhead Studios Xbox-Klassiker ist das Leveldesign angenehm abwechslungsreich und smart designt.

In der Wildnis wirkt alles natürlich gewachsen und nicht wie im Baukasten konstruiert. Man merkt, dass die Entwickler mit Herz bei der Sache waren und genau das lässt die Welt glaubhaft erscheinen.

Wie in diesem Genre üblich, stößt man immer wieder auf Hürden, die sich mit den derzeitigen Fähigkeiten nicht überwinden lassen. Jedes Mal, wenn ich einen neuen Zauberspruch in mein Repertoire aufnahm, fielen mir deshalb gleich ein paar geeignete Orte für seine Anwendung ein. So gibt es etwa Zauber, die den Zugang zu verschlossenen Räumen ermöglichen, unsichtbare Gegenstände und Kreaturen enttarnen oder zerbrochene Gegenstände reparieren.

Tränke (Hogwarts Legacy)

Vielseitige Magie

Als Zauberschüler müsst ihr euch gegen allerlei Feinde zur Wehr setzen und dabei gestaltet sich das Kampfsystem angenehm simpel, aber dennoch raffiniert genug. Manche Gegner verwenden magische Schilde, die erst einmal mit der passenden Gegenmaßnahme zerstört werden müssen und man selbst verfügt ebenfalls über taktische Mittel sowie wirksame Defensivmaßnahmen.

Ihr möchtet Gegner bewegungsunfähig machen, bevor ihr ihnen den Rest gebt? Euch ist eher danach, den Bad Guys mit einem Sprengfluch einzuheizen? Oder ist Schleichen und Heimlichkeit euer Ding? Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Zauber und Ausrüstungsgegenstände, sodass ihr euren Kampfstil optimal den eigenen Vorlieben anpassen könnt.

Außerdem steht euch »alte Magie« zur Verfügung, die besonders verheerende Attacken ermöglicht und über eine eigene Leiste verfügt. Das Wichtigste ist aber, nicht den niedrigsten Schwierigkeitsgrad zu wählen, da er die Kämpfe viel zu simpel und monoton macht. Die Herausforderung ist gleich null, da man durch blindes Tastenhämmern weiterkommt. Spannend werden die Kämpfe erst ab dem mittleren Schwierigkeitsgrad.

Übrigens lassen sich anfangs nur vier Zauber gleichzeitig ausrüsten, was die Steuerung auch außerhalb der Kämpfe umständlich gestaltet. Es kommt immer wieder vor, dass eine Situation genau diesen einen Zauber erfordert, der aktuell nicht ausgerüstet ist.

Also muss man erst das entsprechende Fenster öffnen, um den gewünschten Zauber für den Schnellzugriff zu aktivieren. Wenn ihr ein wenig in der Hauptstory vorangekommen seid, lassen sich glücklicherweise weitere Quick-Slots freischalten.

Gute Aussichten

Hogwarts Legacy ist auch technisch gelungen und besticht durch seine opulente Grafik sowie majestätische Kulissen. Die Gesichter der Figuren drücken Emotionen glaubhaft aus und vermitteln ihre Stimmung auch ohne Worte. Die Animationen wirken natürlich und keineswegs hölzern.

Drache (Hogwarts Legacy)

Generell punktet die Spielwelt mit Realismus, obwohl es sich um ein Fantasy-Setting handelt, das von einem zauberhaften Irrsinn geprägt ist. Kaffeetassen tanzen auf dem Tisch, alte Gemälde oder Schaufensterpuppen erwachen zum Leben, und Geister huschen durch die Dunkelheit. Ihr werdet konstant daran erinnert, dass diese Welt von Magie beherrscht wird. Ich fühle mich in dort jedenfalls wie zu Hause, obwohl ich kein Harry Potter-Fan bin.

Jedes Gebiet hat seinen eigenen Charme und auch, wenn man im Schloss oder auf dem Marktplatz manchmal mit Copy-&-Paste-Figuren konfrontiert wird, entsteht eine glaubwürdige und dichte Atmosphäre, in die ich nur allzu gerne abtauche. Für mich überraschend: Es gibt viele düstere, sogar furchteinflößende Momente und in den Kämpfen geht es wenig zimperlich zu.

Unfertige PC-Version?

In diversen Tests wurde die PC-Version als unfertig und buggy bezeichnet, doch das kann ich nicht bestätigen. Diese lief bei mir ebenso fehlerfrei wie die PS5-Variante des Spiels. Das könnte daran liegen, dass zum Zeitpunkt meines Tests bereits ein Patch erhältlich war.

Als störend empfinde ich, dass sich manche Türen erst nach einer kurzen Nachladepause öffnen lassen, obwohl sich dahinter häufig nur kleine Räume verbergen. Das unterbricht den Spielfluss und sollte im Zeitalter blitzschneller SSDs nicht mehr passieren. Dasselbe gilt für gelegentliche Mikroruckler, die hoffentlich mithilfe künftiger Updates eliminiert werden.

Ich könnte noch ewig über die Vorzüge referieren, aber ihr sollt ja nicht lesen, sondern endlich loszocken!

Fazit: Was Hogwarts Legacy von anderen Rollenspielen abhebt, ist die motivierende Zauberschülerkomponente. In den Unterrichtsstunden werdet ihr immer wieder mit witzigen Herausforderungen konfrontiert, die euch einzelne Spielmechaniken näherbringen. Manchmal bekommt ihr von euren Lehrmeistern auch Hausaufgaben, deren Erledigung mit neuen Fähigkeiten belohnt wird.

Wichtige Elemente wie Trankbrautische, Pflanzenstationen und magische Tierwesen habe ich noch gar nicht erwähnt, ebenso wenig wie die spaßigen Flugmöglichkeiten, die das Spiel bietet. Ich könnte noch ewig über die Vorzüge referieren, aber ihr sollt ja nicht lesen, sondern endlich loszocken!

Hogwarts Legacy ist seit 10. Februar 2023 für PC, PlayStation 5 und Xbox Series X|S erhältlich. Für PlayStation 4 und Xbox One erscheint das Spiel am 4. April 2023, während die Switch-Version für den 25. Juli 2023 angekündigt wurde.