Die Kampagne von Call of Duty: Modern Warfare 2 spielt sich wie eine Best-of-Sammlung, und das ist positiv gemeint. Ein unterhaltsames Nonstop-Deja-vu, könnte man sagen. Ihr werdet mit alten Bekannten konfrontiert und viele Situationen wirken vertraut, obwohl sie völlig neu sind.
Es ist durch und durch Call of Duty – wahrscheinlich sogar die Call-of-Duty-mäßigste Call of Duty-Kampagne aller Zeiten. Man muss hier wirklich von einem Unterhaltungskonzentrat sprechen, denn so kurz die Kampagne auch ist, sie bietet mehr Highlights als so manches 40-Stunden-Epos.
Je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad beträgt die Durchspielzeit zwischen sechs bis acht Stunden. Dabei erlebt ihr nicht nur klassische CoD-Kost, sondern auch Situationen, die man eher mit Naughty Dogs Uncharted-Reihe in Verbindung bringen würde.
Zum Beispiel, wenn ihr auf einem Highway von Fahrzeug zu Fahrzeug springt, um zur Spitze eines Konvois zu gelangen. Dabei müsst ihr nicht nur eure Sprünge perfekt timen, sondern auch Jeeps und Lastwagen wie in einem Rennspiel steuern, während ihr von allen Seiten attackiert werdet. In der Kampagne erlebt ihr viele dieser erinnerungswürdigen Momente, und deshalb waren wir froh über jede Zwischensequenz, die uns Zeit zum Durchatmen gab.
Das soll aber nicht heißen, dass Call of Duty: Modern Warfare 2 ständig nur Vollgas gibt. Vorsicht und Ruhe sind in manchen Missionen der Schlüssel zum Erfolg.
Zum Beispiel als Scharfschütze, der durch Büsche kriecht und sich tot stellt, um nicht von Spezialeinheiten entdeckt zu werden, die das Gebiet durchkämmen. Wenn die gepanzerten und bis an die Zähne bewaffneten Schergen immer näherkommen und man dazu verdammt ist, regungslos zu verharren, sind die Nerven zum Zerreißen gespannt.
Unkonventionell und gut
Dasselbe gilt für eine Mission, die ihr verwundet und unbewaffnet startet. Ihr schleicht durch dunkle Gassen sowie Gebäude und versucht, den Feinden aus dem Weg zu gehen, während ihr Zeug einsammelt, um daraus Waffen zu craften. Aus Flaschen, Klebeband und Öl bastelt ihr Molotow-Cocktails, während sich eine Glasscherbe mit Klebeband umwickelt, ideal für einen Stealth-Kill eignet.
Ein anderes Level zwingt euch dazu, Kameras zu hacken, um euren Partner anweisen zu können. Ihr springt also von Cam zu Cam, und teilt ihm mit, wohin er sich bewegen, welche Gerätschaften er sabotieren und welche Feinde er kaltstellen soll. Das Ganze funktioniert wie ein simplifiziertes Echtzeitstrategiespiel und unterstreicht einmal mehr, wie abwechslungsreich die Kampagne ist.
Die Entwickler haben sich offensichtlich viele Gedanken darüber gemacht, wie sie ihr Spiel diversifizieren können, ohne den Kern der Serie zu verwässern. Der Aufwand, der dafür betrieben wurde, ist enorm.
Das perfekte Beispiel hierfür ist eine kurze Mission in einer niederländischen Fußgängerzone. Passanten bevölkern die Gassen, ihr spaziert an Geschäften vorbei und besucht ein Straßencafe. Verdächtige müssen beschattet und eliminiert werden, ohne Zivilisten zu schaden.
Obwohl dieser Spielabschnitt extrem kurz ist, hat Infinity Ward mühevoll ein Stadtviertel als Kulisse nachgebaut. Ein Studio mit weniger Budget hätte die Szene wahrscheinlich in einem simplen Lagerhaus oder einem kargen Wüstendorf stattfinden lassen.
Bei Call of Duty wird nicht gekleckert, sondern geklotzt und da baut man eben superaufwendige Kulissen, auch wenn diese nur wenige Minuten zu sehen sind. Das gilt auch für ein Hafengebiet, in dem ihr vorsichtig von Steg zu Steg taucht, um ein ganz bestimmtes Boot zu finden. Hier lassen sich die Patrouillen sogar aus dem Wasser heraus angreifen, was ziemlich glaubwürdig umgesetzt wurde.
Apropos glaubwürdig: Die Grafik ist immer gut, stellenweise sogar fotorealistisch und trotzdem läuft das Spiel superflüssig. Typisch für Call of Duty ist, dass alles, was sich im Zentrum eurer Aufmerksamkeit befindet, superaufwendig in Szene gesetzt ist, während alles andere weniger anspruchsvoll modelliert oder texturiert erscheint. Wer Augenschmaus mit hohen Bildraten kombiniert, muss eben Kompromisse eingehen.
Manche Dinge sind einfach zu schön, um sie nur einmal zu erleben!
Fazit: Vielleicht sind wir deshalb so begeistert, weil wir keine hohen Erwartungen an die Kampagne hatten. Unsere Testsitzung war wie eine Achterbahnfahrt, in die wir bereits 20 Stunden investiert haben, weil wir bestimmte Einsätze unbedingt wiederholen wollten. Manche Dinge sind einfach zu schön, um sie nur einmal zu erleben!
Wobei wir natürlich wissen, dass bestimmte Aktivitäten gerade deshalb Spaß bereiten, weil sie so kurz sind. Falls ihr also Bock auf kurzweilige Hochglanzunterhaltung habt, ist die Kampagne von Call of Duty: Modern Warfare 2 genau das Richtige.
Call of Duty: Modern Warfare 2 ist für PC, PlayStation 4, PlayStation 5, XBox One und Xbox Series X|S erschienen.