Key Art (Monster Hunter Rise)

Die Switch-Version von Monster Hunter Rise gab ihre Bestien schon im März 2021 zum Abstich frei. Seit dem 12. Januar dürfen nun auch Besitzer eines PCs ins Jagdhorn blasen. Es ist die sechste Iteration des PlayStation-2-Originals – und wer das altgediente Action-Rollenspiel kennt, der wird sich in den Jagdgründen des Dorfes Kamura schnell heimisch fühlen.

Zwar trägt Rise die Ästhetik des mittelalterlichen Japans sehr viel dicker auf, was uns gut gefiel. Zudem adoptiert es von Monster Hunter: World etablierte Features wie einen Multiplayer-Modus und fügt knuffige Reithunde sowie kätzische Mitstreiter hinzu.

Im Kern geht in den fünf unterschiedlichen Biomen aber alles seinen gewohnten Gang: Es gibt die vielseitigen und fordernden Hack-and-Slash-Kämpfe, die milden Survival-Elemente, die motivierende Erkundung der Einzelkarten. Doch eines fehlt: Eine Story, die sich nachhaltig im Gedächtnis des Spielers verankert.

Charaktererstellung deluxe

Das Erste, was wir in Monster Hunter Rise zu sehen bekommen, ist der Charakter-Editor, und bei dem hat Capcom wahrlich nicht geknapst. So lassen sich die 20 Heldinnen- und Helden-Templates detailliert verändern; von der Augentiefe über die Nasenlochweite bis hin zur Muskeldefinition stehen 70 Bearbeitungskategorien zur Verfügung.

Die Besonderheit des Editors ist aber, dass sich die Erscheinung der tierischen Begleiter (Palamutes und Palicos) facettenreich editieren lässt. Der Schwanz ist zu kurz oder die Stimme zu doof? Nach nur wenigen Klicks haben wir unsere Wunsch-Buddys.

Die Wichtigkeit der kleinen Spießgesellen ist übrigens nicht zu unterschätzen! Denn nicht nur streiten sie an unserer Seite, sondern sie gehen kurioserweise auch im U-Boot auf einträgliche Handelsreisen.

Deshalb lassen sich unsere Kumpanen mit immer besseren Waffen und Rüstungen versorgen, ferner können ihre Kampffähigkeiten in kostspieligen Trainingsrunden verbessert werden. Fehlt also nur noch ein Buddy-Scout, bei dem wir mit der Zeit einen kleinen Zoo zusammenkaufen können? Nein, selbst der ist vorhanden.

Der Älteste (Monster Hunter Rise)

Dorfromantik

Haben wir das initiale Streiter-Trio erstellt, landen wir in dem von Bergen gesäumten Kamura. Gefühlt steht das verträumt mittelalterliche Jägerdorf allzeit im Blütenregen der Bäume, doch alle 50 Jahre wird es zum Ziel der »Randale«, ein mysteriöser Ansturm von Monsterhorden.

Zu Beginn der sparsamen Geschichte ist wieder einmal ein halbes Jahrhundert vergangen und erste Kreaturen haben zum Angriff aufs Dorf geblasen. In diesem Szenario verkörpern wir einen jüngst in den Jägerstand erhobenen Bewohner Kamuras, der offenbar fähig ist, den Zyklus des Terrors ein für alle Mal zu durchbrechen.

Dazu erledigen wir reihenweise Quests, die uns von den weiteren Hauptfiguren aufgetragen werden. Im Scheinwerferlicht stehen vor allem die merkwürdigen Zwillingsmädchen Hinoa und Minoto (auch »Quest-Mädels« genannt) sowie der Dorfälteste Fugen, ein gestandener Krieger mit vampirhaften Eckzähnen.

Mit »dringenden« Missionen treiben wir die Story voran, während wir in optionalen Nebenquests nützliche Items farmen und unsere Kampffähigkeiten verbessern. Denselben Zweck erfüllen ungezwungene Koop-Missionen für bis zu vier Spieler, die nicht weniger Spaß machen als Einzelkämpfer-Aufträge.

Doch Achtung: Auch wenn wir die in die Kampagne eingebauten Multiplayer-Funktionen nicht nutzen, besteht eine Always-Online-Pflicht.

Monster Hunter Rise hält uns in einem Gameplay-Loop aus tröpfelnden Gesprächen und Monsterjagden gefangen, kaschiert dies aber ein Stück weit mit einfallsreichem Charakter-Design (ein Highlight: die Teeladen-Besitzerin Yomogi mit ihrem felinischen Personal) und hoher Quest-Dichte. Wenn die Geschichte nach circa 20 Stunden so richtig in die Puschen kommt, ist sie leider schon zu Ende.

Vertikale Welt

Auf eine offene Spielwelt verzichtet Rise. Stattdessen werden wir nach dem Akzeptieren einer Quest per Tastendruck zur jeweiligen Karte teleportiert. Das können zum Beispiel ein gefluteter Wald, eine frostige Berglandschaft oder ein sandiges Wüstenareal sein.

Japanischer Stil (Monster Hunter Rise)

Besonders angetan waren wir von dem genial windschiefen Design der Wälder wie auch den wunderschön verwilderten Ruinenlandschaften. An vielen anderen Schauplätzen bot sich uns indes ein ziemlich altbackenes Bild.

Eine coole Neuerung sind die mancherorts auf den Maps platzierbaren Seilkäfer. Wenn wir mit ihnen interagieren, schleudern sie uns selbst auf einen hohen Berg. Auch bestimmte Waffen verfügen über solche Seilkäfer-Aktionen, sind allerdings nicht ganz so mächtig und mit einer Cooldown-Phase belegt. Zum Glück! So erfordert es nämlich ein gewisses Geschick, die oftmals höher gelegenen Sammelquest-Zielorte zu erklimmen.

Jede Map enthält ein Jagdlager, in dem wir unsere Ausrüstung anpassen oder einen Happen essen können. Letzteres muss auch unterwegs getan werden, da ein zu niedriger Magenfüllstand die Jagd beendet. Futter ist unter anderem in der lagernahen Objekttruhe zu finden, deren Stauraum wir ob unseres winzigen Objektbeutels gut gebrauchen können.

Ein echtes Schlachtfest

Zum Zurückschlagen der Monster (die meisten sind von vorzeitlichen Tieren wie Velociraptor, Ankylosaurus oder dem Wollnashorn inspiriert) bedienen wir uns insgesamt 14 verschiedener Nah- und Fernkampfwaffen. Die meisten davon sind Klassiker wie die guten alten Schwerter und Dolche.

Mit dem schweren Bogengewehr oder der skurrilen Gewehrlanze, die sogar Granaten abfeuert, sind jedoch einige Exoten dabei. Geschützt wird unser Jäger durch miteinander kombinierbare Rüstungssets, diese lassen sich mit aus Quests verdienten Rüstkugeln unkompliziert hochstufen.

In Rise gilt: Nicht jeder Schlag oder Schuss ist ein Treffer. So wird ein Gegner nicht automatisch anvisiert, allerdings ist im Pausenmenü das Verhalten der Fokuskamera anpassbar. Das Danebenhauen mit Nahkampfwaffen steht zu Beginn fest an der Tagesordnung, genauso bedürfen Seilkäfer-Techniken einer Eingewöhnung.

Sobald der Umgang mit dem entsprechenden Fadenkreuz aber in Fleisch und Blut übergegangen ist, hören wir gar nicht mehr damit auf, uns mit dem Seil blitzschnell an Dinos heranzuziehen oder aus der Luft krachende Special Moves mit dem Großschwert auszuführen. Die Köpfe unserer Feinde hassen diesen Trick, zumal das Jäger-Ego überdies mit deftigem Treffer-Feedback gefüttert wird.

Das war aber längst nicht alles! Als besonderes Schmankerl eignen sich Seilkäferaktionen noch dazu, größere Viecher reitbar zu machen. Auf dem Rücken unserer Widersacher steuern wir sie so etwa vor große Steinpfeiler und fügen ihnen großen Schaden zu. Oder wir zücken ein spezielles Stinktier, um ein Monster hinter uns herlaufen zu lassen und es ins Revier anderer Kreaturen zu führen. Dann heißt es zurücklehnen und einfach die Show genießen.

Wer ein kampffokussiertes Action-Rollenspiel mit innovativen Metzelmechaniken zu schätzen weiß, findet in Monster Hunter Rise vielleicht sein nächstes Lieblingsspiel.

Für Veteranen sind die Scharmützel auf dem einzigen Schwierigkeitsgrad nicht besonders fordernd; weder die Zeitlimits noch die fehlende Speicher-Option während laufender Quests dürfte sie kratzen. Dank der Hybridwaffen und abgehobenen Seilkäfer-Techniken dürften jedoch auch Langzeit-Fans ihre Freude am neuen Monster Hunter haben.

Die Steuerung per gut integrierter Maus und Tastatur stehen dem jedenfalls nicht im Wege: Sämtliche Tasten dürfen frei belegt werden. Am Ende ist dennoch das Gamepad das Eingabemittel der Wahl.

Fazit: Wer ein kampffokussiertes Action-Rollenspiel mit innovativen Metzelmechaniken zu schätzen weiß, findet in Monster Hunter Rise vielleicht sein nächstes Lieblingsspiel. Doch auch abseits der Kämpfe hat Teil sechs der Reihe Stärken, zu denen die einfallsreich gestaltete Spielwelt genauso zählt, wie die sympathisch schrägen Hauptfiguren.

Da Capcom allerdings den erzählerischen Aspekt vernachlässigt, ergibt sich für Einzelspieler zuweilen der Eindruck, in einem (wenngleich guten) MMO gelandet zu sein. Für Story-Freunde eignet sich Rise demnach weniger – sie greifen lieber zum spannend erzählten Klon Toukiden 2.

Monster Hunter Rise ist bereits seit März 2021 für die Nintendo Switch und seit dem 12. Januar 2022 für den PC erhältlich.