Artwork (echoes: Der Cocktail)
© Ravensburger Spieleverlag

Escape-Raum- und Krimi-Spiele sind seit der Erfolgsgeschichte der EXIT-Spiele nicht mehr wegzudenken von unseren Spieleabenden. Nicht nur populäre Reihen wie EXIT, Unlock! oder die Adventure Games werden alle paar Monate fortgesetzt, sondern auch neue Formate entwickelt.

Das ergibt ja auch Sinn: Wir Privatdetektive und Hobby-Ermittlerinnen benötigen stetigen Nachschub an Fällen. Man kann die meisten Spiele ja nur einmal zocken, dann ist die Lösung des Falls bekannt.

Bis vor Kurzen waren Puzzle-Rätselspiele der heiße Trend, doch jetzt hat Ravensburger, die bislang im Rätselsegment noch nicht wirklich überzeugt haben, eine neue Reihe namens echoes veröffentlicht.

Die echoes-Spiele werden als »Audio Mystery Spiele« angepriesen und folgendermaßen beschrieben: »Gemeinsam hören, rätseln und lösen!« Es wird dann auch tatsächlich eine Geschichte Hörspiel-mäßig erzählt, allerdings ist diese Story anfänglich auf viele bebilderte Objekt-Karten verteilt. Diese können wir mit der Begleit-App scannen, um jeweils einen Teil der Geschichte zu hören.

Haben wir allen Geschichtsfetzen gelauscht, müssen wir jeweils drei dieser Objekt-Karten in der richtigen zeitlichen Reihenfolge einer Kapitel-Karte zuordnen. Insgesamt gibt es sechs Kapitel, welche, wenn alle erstellt sind, ebenfalls in die richtige zeitliche Reihenfolge gebracht werden müssen.

Thematisch ist das Ganze so erklärt, dass wir eine Gruppe von Ermittlerinnen und Ermittlern sind, die mysteriöse Geräusche und Stimmen hören können, welche an Objekten haften. Diese »Echos der Vergangenheit« leiten uns den Weg zur Lösung der Fälle. Klingt etwas gewollt, stört aber auch nicht.

Zurück zum Spiel an sich. Die echoes-Fälle wären kinderleicht zu lösen, wenn wir alle Elemente des Hörspiels auf den Karten hören könnten. »Leider« bekommen wir erst mal immer nur kurze und unvollständige Ausschnitte präsentiert, etwa Gesprächsfetzen aus einer Kneipe oder markante Geräusche aus dem Dschungel.

Unterlegt sind diese meist mit Hintergrundgeräuschen, welche ebenfalls zur Klärung der Geschichte beitragen können. Sind etwa feiernde Fußballfans auf mehreren Karten zu hören, dürften diese zusammen ein Kapitel bilden. (Keine Angst, das war kein Spoiler, Fußballfans kommen in keinem der Fälle vor.)

Spielszene (echoes: Die Tänzerin)
© Ravensburger Spieleverlag

echoes bietet durchaus ein stimmiges und atmosphärisch dichtes Spielerlebnis. Ich würde dazu immer externe Lautsprecher verwenden, um den bestmöglichen Sound zu generieren. Da die Soundbites tatsächlich sehr hochwertig (etwa wie bei einer Drei Fragezeichen-Folge) produziert sind, macht eine Boombox einen schönen Unterschied aus.

Bei uns kamen tatsächlich die Nicht-Spieler rüber an den Tisch, um den Geschichten zu lauschen. Diese Nicht-Spieler waren dann auch ganz hin und weg und stark beeindruckt.

Erstaunlicherweise sogar noch etwas mehr als wir drei aktiven Spieler, Veteranen vieler Rätselspiel-Abende. Die drei echoes-Fälle haben uns zwar Spaß gemacht und für eine Weile unterhalten, wirklich gefordert haben sie uns aber nicht.

Richtig knifflig war keiner der drei Fälle. Auch wenn sie sich nicht »im Schlaf« lösen lassen, hat doch kein Fall mehr als eine Dreiviertelstunde in Anspruch genommen.

Waren wir erstmal auf der richtigen Fährte, ist es ein bisschen wie bei einem »Audio-Memory«, wie ein Mitspieler passend beschrieb: Wir lauschen den Hinweisen (klirrende Gläser, prasselnder Regen, donnernder Applaus) und gruppieren die Karten dementsprechend, dann scannen wir sie zusammen mit einer Kapitel-Karte und weiter geht es.

Die Kapitel dann noch einmal in die richtige Reihenfolge zu bringen, ist ebenfalls recht einfach, was wiederum daran liegt, dass die Geschichten zwar sinnig und mit kleinen Wendungen versehen sind, aber beileibe nicht hochkomplex.

Da wir an den beiden Tagen, an denen wir die echoes-Fälle gespielt haben, auch noch den EXIT-Doppelfall Die Katakomben des Grauens gespielt haben, welcher als mittelschwer (für Fortgeschrittene) gilt, ist ziemlich klar geworden, dass alle drei echoes-Fälle eher dem (unteren) EXIT-Einsteiger-Niveau entsprechen dürften.

Fans des Genres sollten das im Hinterkopf haben, wenn sie einen echoes-Abend planen. (Und auch bitte nicht vergessen, mehr als ein Spiel bereit zu halten, da die Fälle wirklich nicht abendfüllend sind.)

Verpackung (echoes: Der Mikrochip)
© Ravensburger Spieleverlag

Einige Rezensenten haben bereits angemerkt, dass man echoes auch als reine App hätte herausbringen können, da die Karten nicht wirklich nötig seien. Das stimmt tatsächlich. echoes hätte auch ein Solo-Spiel fürs Smartphone werden können.

Allerdings denke ich, dass die meisten Menschen solche Spiele eh lieber in der Gruppe erleben und in einer solchen Konstellation sind die Karten sehr sinnvoll. Sie schaffen Atmosphäre, geben allen die Chance, immer alles zu überblicken, und lassen sich auf dem Tisch einfach besser sortieren und herumschieben als auf einem Smartphone-Display.

Außerdem helfen sie beim Memory: Es ist leichter, sich an bestimmte Geräusche auf den Karten zu erinnern, wenn man große Bilder sieht und nicht bloß kleine Thumbnail-Bildchen auf dem Handy.

Das Scannen mit und Handling der App war am Samsung S9 übrigens auch sehr gut. Wer ältere Smartphones nutzt, sollte allerdings mal auf der Spieleschachtel nachschauen, ob das Gerät kompatibel ist.

Die Qualität der »Hörspiele« ist beachtlich und gerade in Fall eins könnte man thematisch auch in ein Abenteuer der Drei Fragezeichen geraten sein.

Fazit: Ihr ahnt es bereits, echoes gefällt mir gut als Rätselspiel für zwischendurch, als Bestandteil eines Spieleabends oder für ein freies Stündchen. »Kann man gut mal so spielen«, lautet dann auch das nicht übermäßig überschwängliche Urteil der Mitspielerin. Also ganz okay mit Luft nach oben, so sehe ich es auch.

Die Qualität der »Hörspiele« ist beachtlich und gerade in Fall eins könnte man thematisch auch in ein Abenteuer der Drei Fragezeichen geraten sein. Fall zwei und drei sind zwar thematisch etwas erwachsener, dürften für Kinder ab zwölf aber schon gut spielbar sein.

Die Idee einer Audio-basierten Rätselspiel-Reihe finde ich spannend, wenngleich die hier vorliegenden Fälle uns etwas zu seicht waren. An EXIT, was wohl noch immer die Vergleichsgröße für Spiele dieser Art ist, reicht echoes (noch) nicht heran.

Hoffentlich schiebt Ravensburger also bald neue Spiele nach und schraubt auch ein wenig am Karten-Mechanismus herum, dann wird aus der sehr guten Idee bestimmt noch etwas mehr. Denn ich will größere, komplexere und weniger Memory-hafte Hörspiel-Fälle!

echoes: Die Tänzerin, echoes: Der Cocktail, echoes: Der Mikrochip von Dave Neale und Matthew Dunstan, Ravensburger Spieleverlag, 1–6 Personen ab 14 Jahren, jeweils ca. 10 Euro.