Key Art (Resident Evil Village)

Ich suche fieberhaft nach Munition, während knurrende Werwölfe die verbarrikadierten Zugänge zur Scheune bearbeiten. Sie sehen alle gleich aus und agieren nicht sonderlich schlau, deshalb hält sich meine Angst in Grenzen.

Was mir deutlich mehr Unwohlsein bereitet, ist der fehlende FOV-Slider im Optionsmenü. Das Gesichtsfeld beim Spielen ist viel zu klein und irgendwie erscheint alles viel zu nah, weshalb sich bei mir sofort Motion-Sickness bemerkbar macht. Kurz vor dem Erbrechen beende ich das Spiel, um nach einer Lösung zu suchen.

Bei Reddit stolpere ich über eine inoffizielle Datei, die von Windows als potenzielle Gefahr identifiziert wird und das Problem tatsächlich eliminiert. Wahrscheinlich habe ich jetzt irgendeinen Trojaner auf dem Rechner, aber Malware ist immer noch besser als Kotze auf dem Controller.

Müsste ich Resident Evil Village mit einem Wort beschreiben, dann würde ich den Begriff »Resi-Potpourri« verwenden. Die Präsentation ähnelt Resi 7 und die Spielwelt verströmt klare Resi 4-Vibes, während Rätsel und Erkundung ans Resi 2-Remake erinnern. Es ist gleichzeitig ein Best und Worst of Resident Evil.

In puncto Action schwächelt diese Fortsetzung, weil dem Geballer die Wucht fehlt und das durchwachsene Treffer-Feedback einiges zunichtemacht. Wird ein Gegner von einer Kugel getroffen, triggert das eine Animation und solange diese ausgeführt wird, reagiert der Körper nicht auf weiteren Beschuss. Ihr erhaltet also nur für jeden zweiten oder dritten Treffer »echtes« Feedback.

In solchen Momenten erinnert mich Resident Evil Village an meine Ex, die mich lieber bestraft hat, statt ihre Wünsche klar zu formulieren.

Langer Rede, kurzer Sinn: Man verursacht zwar Schaden, kriegt aber häufig nichts davon mit. Bei vereinzelten Gegnern fällt das nicht so sehr ins Gewicht, doch je mehr Monstern ihr gegenübersteht, desto nerviger wird es. Leider gibt es im Spiel diverse Call of Duty-Passagen und nur die wenigsten haben mir wirklich Spaß bereitet.

Werwolf (Resident Evil Village)

Apropos: Es macht mich betroffen, wenn ich in einem Abschnitt tonnenweise Gegner perforiere, deshalb unter akuter Munitionsknappheit leide und irgendwann feststelle, dass ich gar nicht alle Feinde umnieten muss. Manchmal möchte das Spiel nämlich nur, dass man mit einem bestimmten Objekt interagiert oder zu einem Punkt auf der Karte flüchtet. Es wird aber schlecht kommuniziert und deshalb verschwendet man im Laufe des Abenteuers eine Menge Munition.

Auch musste ich einige Abschnitte unnötig oft wiederholen, weil ich keinen Schimmer hatte, was genau von mir verlangt wird. In solchen Momenten erinnert mich Resident Evil Village an meine Ex, die mich lieber bestraft hat, statt ihre Wünsche klar zu formulieren. Vielleicht bin ich aber auch nur zu doof.

Trotzdem geil

Ich weiß, dass sich mein Text bisher sehr negativ liest, doch als Gesamtpaket weiß Resident Evil Village trotzdem zu überzeugen. Das Spiel besteht ja nicht nur aus nervigen Schießereien und im Gegensatz zu Resi 7 fällt die Gegnerschar deutlich abwechslungsreicher aus. Zudem sind einige der Boss-Kämpfe zumindest aufgrund ihrer spektakulären Inszenierung bemerkenswert.

Spielt man auf einem höheren Schwierigkeitsgrad, werden die Auseinandersetzungen übrigens viel spannender. Von Easy-Settings würde ich daher dringend abraten, denn sind die Gegner zu schwach und Munition reichlich vorhanden, verliert Resident Evil seinen Charme.

Lady Dimitrescu (Resident Evil Village)

Was Resident Evil 8 wirklich zu einem spannenden Abenteuer macht, ist die Erkundung der Spielwelt. Ihr werdet mit abwechslungsreichen Umgebungen konfrontiert, die viele Abkürzungen und Interaktionsmöglichkeiten bieten. Das namensgebende Dorf entpuppt sich als Dreh- und Angelpunkt, der sich mit fortlaufender Spieldauer immer weiter öffnet.

Das marode Village funktioniert wie eine Mini-Open-World mit optionalen Herausforderungen. Ihr müsst also nicht jeden Winkel erkunden, doch es lohnt sich, weil man interessante Zusammenhänge aufdeckt und dabei mit Loot sowie Crafting-Material belohnt wird.

Die meisten Rätsel sind simpel, aber trotzdem cool. Beispiel: Ihr betretet einen Raum, der mit aufwendig modellierten Figuren gesäumt ist. An den Wänden befinden sich erloschene Fackeln und in der Mitte hängt ein brennender Kronleuchter. Um die Fackeln zu entzünden, müsst ihr den Kronleuchter in unterschiedliche Richtungen schwingen und schon öffnet sich eine versteckte Passage.

Natürlich sind auch wieder die serientypischen, verschlossenen Türen am Start, welche sich erst öffnen, wenn man das passende Objekt im Inventar hat. Es gibt auch ein Crafting-System und die Möglichkeit, gesammelte Rohstoffe in leckere Speisen zu verwandeln. Diese verleihen eurem Helden gravierende Vorteile und schon deshalb lohnt es sich, in der fantasievoll gestalteten Umgebung die Augen offenzuhalten.

Cool Story, Bro!

Ich möchte nichts spoilern, daher nur ein kleiner Abriss zur Story: Resident Evil Village spielt einige Zeit nach dem siebten Teil. Ihr seid einmal mehr als Ethan Winters unterwegs, doch dieses Mal müsst ihr nicht dessen Freundin, sondern einen Säugling retten. Dabei begegnet ihr bizarren Charakteren, die in puncto Durchgeknalltheit selbst die irre Baker-Familie aus dem Vorgänger in den Schatten stellen.

Resident Evil Village ist definitiv nicht der beste Teil der Serie, aber ich wurde insgesamt sehr gut unterhalten.

Stellenweise fühlt es sich an, als sei man im Albtraum eines Psychopathen unterwegs, zumal manche Story-Wendungen ziemlich … na ja … gewagt ausfallen. Dass ihr gleich zu Beginn von Chris Redfield entführt werdet, bildet nur die Spitze des Eisbergs.

Fazit: Resident Evil Village ist definitiv nicht der beste Teil der Serie, aber ich wurde insgesamt sehr gut unterhalten. Die plumpen Rambo-Schießereien hätte man sich gerne sparen können, dafür ist die Erkundung der Spielwelt umso spannender gelöst. Die einprägsamen Szenerien (Stichwort: Puppenhaus) sind ein Paradebeispiel für kreatives Worldbuilding und manche Figuren (Riesenlady!) sind mir geradezu ans Herz gewachsen.

Technisch gibt sich der Titel ebenfalls keine Blöße, auch wenn nicht alle Texturen knackscharf sind und sich Objekte sowie Feinde innerhalb bestimmter Abschnitte häufig wiederholen. Ich habe den Kauf des Spiels jedenfalls nicht bereut und wage gerade einen zweiten Durchgang auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad.

Resident Evil Village ist am 7. Mai 2021 für PC, PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox One und Xbox Series X|S erschienen.