
Was als Lückenfüller gedacht war, erschien 1998 als AAA-Spiel – StarCraft hat einen langwierigen Prozess durchlebt, in dem es viele Scheidewege gab, die über Erfolg oder Misserfolg entschieden haben.
Um den Umsatz des Entwicklerstudios im Jahre 1996 zu steigern, wollte Allen Adham, der Mitbegründer von Blizzard, ein weiteres Spiel in Produktion geben. Durch eine Lücke im Entwicklungsplan war dieses Vorhaben nicht abwegig.
Es stand jedoch von vornherein fest, dass es sich dabei um ein kleines Projekt handeln sollte. Allerdings verlor die Entwicklung des Lückenbüßers mit der Zeit immer mehr an Relevanz. Allein der Druck, eine Umsatzsteigerung erzielen zu wollen, rettete StarCraft.
Ein Tritt in den Hintern
Das Personal war knapp, sodass die Entscheidung, ein bescheidenes und weniger aufwendiges Spiel zu implementieren, bestärkt wurde. Parallel kostete die Entwicklung von Diablo dem StarCraft-Entwicklerteam immer mehr Arbeitskräfte.
Ihre Präsentation stellte StarCraft meilenweit in den Schatten.
Kurz vor der E3, der wichtigsten Videospielemesse für Spieleentwickler und Publisher, wurde schnell eine erste zusammengeschusterte Version von StarCraft erstellt. Um Zeit einzusparen, wurden viele Programmierbausteine von Warcraft II genutzt – das auf der E3 gezeigte Resultat wurde als »Orcs in Space«, zu deutsch »Orks im Weltall«, verschrien.


Einige Messestände weiter wurde das von 7th Level und Ion Storm entwickelte Strategiespiel Dominion: Storm Over Gift 3 vorgestellt. Ihre Präsentation stellte StarCraft meilenweit in den Schatten.
Alles auf Anfang
Der Rückschlag und die Scham waren groß und veranlasste Blizzard dazu, die Entwicklungsarbeiten komplett neu aufzurollen. Die Pläne änderten sich drastisch: Aus dem Lückenbüßer sollte nun schlussendlich ein AAA-Spiel werden.
Der neu eingeplante Größenumfang von StarCraft forderte mehr Arbeitskräfte ein, als Blizzard neben der Entwicklung von Diablo zur Verfügung standen. Für das Projekt wurde ein eigenständiges Entwicklerteam mit neuen, teilweise unerfahrenen Spieleprogrammierern zusammengestellt.
Durch nicht vorhandene Schulungen, kaum vorhandenen Anweisungen und ungenügenden Überprüfungen von erfahrenen Programmierern fehlte es dem Projekt an Koordination.
Die unerfahrene Projektführung verpasste es den neuen Entwicklern zu Beginn des Projekts eine ausreichende Einarbeitung zu bieten. Der Zeitdruck war für die geringe Anzahl von Mitarbeitern enorm hoch und zehrte an der Umsetzung entsprechender Gegenmaßnahmen. Programmierer, die von ihrem Einsatz an Warcraft II zurückkehrten, hatten enorme Probleme zurück ins Projekt zu finden.
Bekannte Programmierungsstrukturen wurden verändert, geradezu übergangen, wodurch ein Kartenhaus aus komplett neuen Karten und in einem vollkommen neuen Muster gebaut wurde. Der Umstieg von Microsoft DOS auf Microsoft Windows erforderte einen Neuaufbau der Spiel-Engine in einer anderen Programmiersprache, die vielen Entwicklern des Teams nicht geläufig war.
Nur noch zwei Monate
Die Unruhen der Neuumstellung waren noch nicht vollständig gemeistert, als sich ein neues Problem dazugesellte: Die Entwicklung von StarCraft befand sich bereits zwei Jahre hinter dem eigentlichen Zeitplan. Neu erstellte Zeitpläne setzten die Frist auf zwei Monate. Schier unmöglich für den Umfang an Spielinhalten, die bis dato noch nicht umgesetzt wurden.
Viele Spieleinheiten und deren Verhaltensweisen wurden noch nicht implementiert, der Wechsel von Top-Down zu isometrischen Grafiken wurde nicht vorgenommen, ein komplett neuer Karteneditor musste erstellt werden und die Möglichkeit, das Spiel online über battle.net spielen zu können, schien noch in weiter Ferne zu liegen.


© Blizzard via MobyGames
Während sich der Rest des Teams zurücklehnen konnte, befand sich die Programmierabteilung in einem Ausnahmezustand. Einige Teammitglieder opferten aus Leidenschaft ihren Alltag und nahmen Überstunden sowie nächtliches Arbeiten in Kauf.
Dieser Zustand sorgte für Konzentrationsfehler, die am nächsten Tag zu Mehrarbeiten führten. Nichtsdestotrotz gelang es dem Programmierteam, die Arbeiten rechtzeitig zu Ende zubringen.
Die E3-Präsentation von Dominion: Storm Over Gift 3 entpuppte sich später als Fake.
Die Arbeit machte sich mehr als bezahlt: StarCraft war ein voller Erfolg, prägte das Genre nachhaltig und erfreut sich noch heute einer großen Spielerschaft.
Übrigens: Die E3-Präsentation von Dominion: Storm Over Gift 3, welche die Entwicklung von StarCraft maßgeblich beeinflusste, entpuppte sich später als Fake. Hinter der angeblich live vorgespielten Demo verbarg sich lediglich ein vorgerendertes Video.
StarCraft wurde 1998 veröffentlicht.
Quelle: www.codeofhonor.com