Key Art (Demon’s Souls)

2010 habe ich Demon’s Souls ziemlich exzessiv gezockt und das ist keine Übertreibung. Ich verbrachte jede freie Minute mit From Softwares düsteren Meisterwerk und habe dabei vieles über mich selbst gelernt. Im schaurig schönen Mittelalter gegen übermächtige Ritter und Dämonen zu kämpfen, war eine zugleich bewusstseinserweiternde und demütigende Erfahrung.

Ich fühlte mich wie Sisyphus, der einen Felsbrocken auf den Berg hinaufwälzen muss, von dessen Gipfel der Stein immer wieder hinunterrollt. Demon’s Souls hat mich gelehrt, dass die einzig wahre Belohnung das Leid selbst ist. Der Weg ist das Ziel. Je fieser und gefährlicher dieser Weg ausfällt, desto größer das Leid und die Dankbarkeit.

Heute gibt es unzählige Souls-Likes, die mit einem unerbittlichen Schwierigkeitsgrad unsere Geduld auf die Probe stellen, doch damals war das Ganze eine völlig neue Erfahrung für mich. Das Komische ist, dass ich weder mit dem spirituellen Nachfolger Dark Souls, noch mit Bloodborne irgendetwas anfangen kann. Bis heute lässt sich nicht erklären, warum mich Demon’s Souls dermaßen fesselt, während mich alle anderen Genre-Vertreter kaltlassen.

Im verfluchten Königreich geben sich die optischen Leckerbissen gewissermaßen die Klinke in die Hand.

Meine Rückkehr nach Boletaria verursachte echtes Herzklopfen. Obwohl es sich um ein Remake handelt, das spielerisch nahezu identisch ist, bekam ich es sofort wieder mit der Angst zu tun. Eigentlich seltsam. Ich habe das Scheißspiel doch bereits vor zehn Jahren gemeistert und zu meiner Bitch gemacht! Wovor hatte ich also Angst?

Jedoch stand mir der Mund nicht nur aus Furcht offen, sondern auch wegen der fetten Präsentation. Im verfluchten Königreich geben sich die optischen Leckerbissen gewissermaßen die Klinke in die Hand. Zum Beispiel das Licht einer Fackel, das an den Wänden eines schwach beleuchteten Verlieses entlang tanzt. Nebelschwaden, die über schlammige Pfützen kriechen und sich über die wunderschönen Reflexionen legen.

Spinne (Demon’s Souls)

Apropos: Demon’s Souls für PlayStation 5 ist der Beweis dafür, dass es kein Raytracing braucht, um einen beeindruckenden NextGen-Look zu erzeugen. Dieses Spiel ist auch ohne die Echtzeitlichtstrahlenberechnung ein optischer Leckerbissen.

Spüre meinen Schmerz

Das audio-haptische Feedback des DualSense-Controllers intensiviert die morbide Atmosphäre zusätzlich, denn genau wie in Marvel’s Spider-Man: Miles Morales fühlt sich jede Aktion unterschiedlich an. Der Controller vibriert anders, wenn man einen Gegner heimlich von Hinten erdolcht, anstatt ihn frontal zu perforieren. Es ist definitiv eine große Bereicherung des Gameplays und wenn wir schon bei den Vorzügen des Remakes sind: Ihr könnt jederzeit die PS-Taste drücken und hilfreiche Video-Tutorials zum entsprechenden Spielabschnitt abrufen.

Außerdem werdet ihr nicht mehr gezwungen, zur Basis (Nexus) zurückzukehren, wenn euer Held die Taschen voll hat. Überschüssige Items lassen sich beim Einsammeln direkt in die »Vorratskiste« beamen. Auch kommt mir das Remake einen Tick einfacher vor, weil die Framerate höher ist und die Eingabelatenz niedriger erscheint als beim PS3-Original.

Jetzt aber zum Gameplay: Demon’s Souls ist kein Open-World-Abenteuer, sondern besteht aus fünf unterschiedlichen Welten, die über eine Art Basis namens »Nexus« verbunden sind. Die Welten sind wiederum in einzelne Abschnitte unterteilt und punkten mit unverwechselbarer Charakteristik.

Gasse (Demon’s Souls)

Im Boletarian Palace kämpft ihr euch durch eine verlassene Burg, die Stonefang Tunnels konfrontieren euch mit düsteren Minenschächten und so weiter. Alle Schauplätze sind absolut beeindruckend und vor allem furchteinflößend designt. Im Tower of Latria durchs Gefängnis zu schleichen, gehört auch im Remake zu den atmosphärisch heftigsten Spielerfahrungen meines Lebens. Man bewegt sich Zentimeter für Zentimeter durch die gruseligen Gewölbe, da buchstäblich hinter jeder Ecke der Tod lauert.

Begegnet ihr einem Feind zum ersten Mal, könnt ihr davon ausgehen, dass er stärker ist als euer Held. Umso befriedigender ist es, wenn man nach vielen Stunden in solche Gebiete zurückkehren und ehemals übermächtige Gegner wie kleine Maden zerquetschen kann.

Die Angst überwinden

Eure Spielfigur dürft ihr gleich zu Beginn den eigenen Vorlieben anpassen. Ein mächtiger Ritter mit Breitschwert und Schild? Ein Dieb mit Dolch und Bogen? Vielleicht doch lieber ein Magier? Jede Klasse hat klare Vor- und Nachteile und das erhöht natürlich auch den Wiederspielwert des brutalen Abenteuers.

Letztlich müsst ihr alles töten, was sich euch in den Weg stellt. Leichter gesagt als getan, denn neben den Standardgegnern, erwarten euch ziemlich mächtige Zwischenbosse sowie übermächtige Endgegner.

Gegner (Demon’s Souls)

Für jeden getöteten Feind erhaltet ihr Seelen, die im Nexus zum Aufleveln der Fähigkeiten eingesetzt werden können. Sie dienen außerdem als Zahlungsmittel für Waffen und Ausrüstung. Wenn ihr das Zeitliche segnet, bleiben die Seelen am Ort eures Todes liegen. Gelingt es euch, diese vor einem erneuten Ableben einzusammeln, ist alles in Butter. Falls nicht, sind die Seelen für immer verloren und das ist eine wirklich schmerzhafte Erfahrung. Die Redewendung »Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste« passt bei Demon’s Souls wie die Faust aufs Auge.

Dass Demon’s Souls auch eine ziemlich interessante Online-Komponente besitzt, sollte nicht unerwähnt bleiben. Ihr könnt andere Spieler beschwören, die euch bei Bosskämpfen unterstützen oder aber ins fremde Spiel eindringen, um jemanden zu überfallen. Wer keinen Bock auf solche Sperenzchen hat, kann sich vor Spielstart für eine Offline-Session entscheiden.

Ich bete zu allen Göttern, dass diese einzigartige Spielerfahrung mit hochwertigen DLC-Paketen erweitert wird.

Fazit: Ich habe mittlerweile rund 40 Stunden ins Remake gesteckt und die Lust an der digitalen Selbstgeißelung nicht verloren. Noch immer bin ich von der morbiden Stimmung fasziniert und obwohl es sich spielerisch kaum vom Original unterscheidet, fühlt sich die Neuauflage total frisch an.

Das perfekte Zusammenspiel von Grafik, Sound und DualSense-Haptik macht das Gameplay des Klassiker-Remakes zu einem Fest für PS5-Besitzer. Das gilt auch für Spieler, die mit dem Souls-Like-Genre eigentlich nichts anfangen können. Ich bete zu allen Göttern, dass diese einzigartige Spielerfahrung mit hochwertigen DLC-Paketen erweitert wird. Noch erfreulicher wäre natürlich die Ankündigung von Demon’s Souls 2. Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Demon’s Souls ist am 12. November 2020 für PlayStation 5 erschienen.