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Die Entscheidung von Warner Bros., insgesamt 17 für das Jahr 2021 geplante Filme zeitgleich im Kino als auch auf dem eigenen Streaming-Dienst HBO Max veröffentlichen zu wollen, schlägt hohe Wellen – und das sind vor allem Wellen der Kritik. Nachdem sich bereits der CEO der Kinokette AMC Entertainment negativ dazu geäußert hatte, meldet sich jetzt auch Regisseur Christopher Nolan zu Wort.

Nolan, der seit 2002 regelmäßig mit Warner Bros. zusammengearbeitet hat, äußert sich ungewöhnlich harsch über die Streaming-Pläne des Filmstudios. Er sagte gegenüber der Redaktion von The Hollywood Reporter:

»Einige der größten Filmemacher und wichtigsten Filmstars unserer Industrie sind die Nacht zuvor schlafen gegangen in dem Glauben, sie würden für das großartigste Filmstudio arbeiten, und sie sind aufgewacht, um herauszufinden, dass sie für den miesesten Streaming-Dienst arbeiten. Warner Bros. hatte eine unglaubliche Maschinerie, um die Arbeit von Filmemachern überall hinzubringen, sowohl in die Kinos als auch in die Wohnzimmer [der Fans], und sie zerstören sie gerade. Sie verstehen noch nicht einmal, was sie da verlieren. Ihre Entscheidung macht keinerlei ökonomischen Sinn […].«

Der Regisseur bleibt längst nicht der Einzige, der sich negativ über Warners Streaming-Entscheidung auslässt. Hollywood-Agenten berichten von wütenden Klienten, während sie feststellen, dass Warner Bros. jetzt nicht mehr das Filmemacher-freundliche Studio von einst sei. Die Redaktion von The Hollywood Reporter vermutet allerdings, dass Warner Bros. die Wogen mit ein paar »dicken Schecks« an alle Beteiligten der betroffenen Filme glätten kann – und den Anfang hat das Studio mit Wonder Woman 1984 bereits gemacht.

Warner zahlte nämlich zweistellige Millionenbeträge an Hauptdarstellerin Gal Gadot und andere Beteiligte, um zu garantieren, dass diese für einen dritten Serienteil zur Verfügung stehen.

Währenddessen erwarten Insider, dass Legendary Pictures wegen der geplanten Streaming-Veröffentlichung von Godzilla vs. Kong eine Klage gegen Warner Bros. anstrengen könnte. Legendary, das rund 75 Prozent des Films finanziert hat, wünschte sich offenbar einen Deal mit Netflix, den Warner Bros. dann aber blockierte. Dass der ebenfalls von Legendary mitfinanzierte Film Dune auch parallel zum Kinostart auf HBO Max erscheinen soll, macht die Sache aus Sicht des Studios nicht besser.

Hollywood-Insider gehen derweil davon aus, dass Warner mit der Entscheidung, das eigene Kinoprogramm im kommenden Jahr parallel bei HBO Max zu veröffentlichen, auch den Streaming-Dienst selbst pushen möchte. HBO Max konnte bislang rund 8,6 Millionen aktive Abonnenten sammeln – für einen Streaming-Anbieter ein sehr mäßiges Ergebnis.

Immerhin soll HBO Max ab der zweiten Jahreshälfte 2021 auch in Europa verfügbar sein, allerdings mit einer Einschränkung: Die Warner-Kinofilme werden hier nicht zeitgleich auf der Streaming-Plattform erscheinen, sondern nur im Kino zu sehen sein. In welchen Ländern und zu welchen Preisen HBO Max in Europa an den Start geht, steht bislang noch nicht fest.