Key Art (Marvel’s Spider-Man: Miles Morales)

Hmm … während Manhattan von der Terrorgruppe »Underground« heimgesucht wird, begleitet Spider-Man lieber seine Freundin MJ nach Osteuropa?! Irgendwie passt das so gar nicht zum vernunftbetonten Helden Peter Parker.

Glücklicherweise ist sein Azubi Miles Morales bereit, die Zügel in die Hand zu nehmen und damit er dabei etwas lernt, hat Peter vorsorglich Trainings-Computer in der gesamten Spielumgebung verteilt. Sinnvoller wäre es gewesen, alle Übungen auf eine einzige Trainingsstation zu laden, aber dann könnte man diese ja nicht als Nebenemissionshäppchen auf die Map sprenkeln.

Apropos: Genau wie im Vorgänger werden der Karte im Laufe des Spiels immer neue Markierungen hinzugefügt, welche die Story-Kampagne auflockern und Belohnungen freischalten. Beispielsweise gilt es Zeitkapseln einzusacken, die Einblick in die Vergangenheit von Miles Morales geben und Kisten, die wichtige Upgrade-Punkte enthalten. Diese könnt ihr verwenden, um die unterschiedlichen Spinnen-Anzüge zu verbessern, aber kommen wir erst mal zu den Basics.

Zeitlich ist das neue Abenteuer kurz nach den Ereignissen des ersten Spiels angesiedelt. Miles versucht immer noch das Richtige zu tun und seinen Superheldenjob vor seiner Mutter geheim zu halten. Das Doppelleben sorgt für brenzlige Situationen, zumal er Mamas wohltätige und politische Ambitionen nicht gefährden möchte. Sie kämpft gegen den Energiekonzern Roxxon, dessen neuartige Stromquelle nicht sehr koscher wirkt.

Luftakrobatik (Marvel’s Spider-Man: Miles Morales)

Interessant ist, wie sehr Miles seinem Vorbild Peter Parker ähnelt. Man könnte sogar sagen, dass die Parallelen gespenstisch sind. Zwei Science-Nerds in New York, die eine wichtige Bezugsperson verloren haben, komplizierte Frauen lieben und übermenschliche Spinnenfähigkeiten besitzen. Zudem steuert sich Miles exakt wie Peter, wobei er dank bioelektrischer Fähigkeiten ein paar Tricks mehr auf der Pfanne hat.

Abenteuerspielplatz Manhattan

Spielerisch hebt sich Marvel’s Spider-Man: Miles Morales nur minimal vom Vorgänger ab. Ihr schwingt euch immer noch durch dieselbe Stadt – diesmal in einem winterlichen Gewand. Es gibt weniger Leerlauf, die Inszenierung ist straffer und die meisten Nebenmissionen punkten mit mehr Abwechslungsreichtum.

Ja, es gibt wieder Zufallsverbrechen, die plötzlich auf der Karte auftauchen und auch die simplen Sammel-Quests sind nicht völlig verschwunden, aber dafür wird Miles unter anderem per Social-App mit witzigen Missionen aus der Nachbarschaft versorgt. Häufig kommen in diesen Nebenaufgaben unterschiedliche Fähigkeiten und Gameplay-Mechaniken zum Einsatz und genau das macht sie zu einer positiven Überraschung.

Beispielsweise soll Miles die Nummernschilder bestimmter Trucks fotografieren, um ein schwarzes Schaf ausfindig zu machen. Hat er den korrekten LKW entdeckt, muss er diesen zum Container-Hafen verfolgen und anschließend unbemerkt die dort patrouillierenden Wachleute identifizieren. Dabei entpuppt sich der neue Unsichtbarkeit-Skill als sehr nützlich, doch kaum ist der stealthy Teil der Arbeit erledigt, betteln schwerbewaffnete Gegner um eine Abreibung.

Miles (Marvel’s Spider-Man: Miles Morales)

Viele der Nebenmissionen sind »mehrstufig«, in kleine Geschichten eingebettet und dadurch echt motivierend. Während man im Vorgänger viele Side Quests widerwillig abgearbeitet hat, um Boni zu ernten, tut man es hier aus Spaß an der Freude.

NextGen-Spinne

Als Spider-Man prügelt es sich immer noch wunderbar und dank Miles’ bioelektrischen Fähigkeiten bieten die Fights mehr Wumms. In Kombination mit der L-Taste lassen sich krasse Special-Moves ausführen, die selbst dicke Brummer umhauen. Allerdings benötigt Miles dafür Venom-Energie und die wird durch Kombos und coole Ausweichmanöver generiert.

Das Kampfsystem motiviert, da es simpel, aber dennoch anspruchsvoll ist und variantenreiches Kämpfen belohnt. Auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad kommt man selbst durch plumpes Tastenhämmern über die Runden, während höhere Stufen nicht nur flinke Finger, sondern auch taktisches Gespür verlangen. Kurz: In der gesamten Spielzeit hat uns kein Kampf gelangweilt und dafür verdienen die Entwickler ein riesiges Lob.

Die Kämpfe fühlen sich auch dank DualSense-Controller wuchtiger und lebendiger an. Wenn Miles eine Venom-Attacke vom Stapel lässt, spürt man tatsächlich das Knistern der Elektrizität, die sich entlädt. Wenn er durch New York schwingt, vermittelt die Haptik des Triggers die Spannung des Spinnenseils. Es ist erstaunlich, wie fein aufgelöst und nuanciert das haptische Feedback funktioniert.

Grafisch haut uns Marvel’s Spider-Man: Miles Morales aber nicht vom Hocker. Das Spiel sieht aus wie ein hübscher PS4-Titel mit mehr Details und besseren Effekten. NextGen-Feeling kommt also nicht auf, dafür sind die Ladezeiten deutlich angenehmer.

Kurz: Knackige Superhelden-Action ohne gravierende Neuerungen, aber dafür auch ohne große Macken.

Fazit: Insomniac Games serviert mit Marvel’s Spider-Man: Miles Morales rund zehn Stunden erstklassige Popcorn-Unterhaltung, die sich im Grunde nicht groß vom Vorgänger unterscheidet. Die Spielwelt ist quasi dieselbe, das Kampfsystem wurde etwas erweitert und die Nebenmissionen abwechslungsreicher gestaltet.

Ich bin etwas hin- und hergerissen, weil Marvel’s Spider-Man: Miles Morales mehr wie eine DLC-Erweiterung und weniger wie ein Vollpreisspiel wirkt. Auf der PS5 juckt mich das aber nicht ganz so stark, weil es sich durch die technischen Verbesserungen und DualSense-Haptik trotzdem frisch anfühlt. Kurz: Knackige Superhelden-Action ohne gravierende Neuerungen, aber dafür auch ohne große Macken.

Marvel’s Spider-Man: Miles Morales ist seit 12. November 2020 für PlayStation 4 und PlayStation 5 erhältlich.