
Vorbei sind die Zeiten von grafisch beeindruckenden neuen Arcade-Racern, insbesondere zum Launch einer neuen Konsole. Ein neues Need for Speed (abgesehen von einem Remaster) gibt es in diesem Jahr nicht. Die MotorStorm-Reihe ist gänzlich verschwunden, aber auch ein Ridge Racer sucht man jetzt, wie auch zukünftig wohl vergebens.
Codemasters will mit dem neuesten Dirt aber genau diese Lücke füllen. An Dirt 5 werkeln außerdem eine Menge Entwickler, die zuvor an MotorStorm und DriveClub für die PlayStation gearbeitet haben. Daher verwundert es nicht, dass im neuesten Teil komplett das Arcade-Gameplay im Fokus steht und es auch in Sachen Staub, Schlamm und Wettereffekten einiges zu sehen gibt.
Wie viele Farben sollen es in »Dirt 5« sein? Ja!
Es wird bunt in der Dirt-Reihe, egal ob es um die Lackierungen der Fahrzeuge, die schon fast übertriebenen bunten Menüs oder die eigene Spielerkarte im Profil geht. Bei den Farben haben die Entwickler aus dem Vollen (Farbtopf) geschöpft.
Das mag für einige Serienveteranen eine gewisse Umstellungszeit nach sich ziehen, so erging es zumindest uns. Nach einigen Rennen hatten wir uns aber an die bunten Designs und Zombie-Sticker auf den Wagen und in den Menüs halbwegs gewöhnt, auch wenn ich die eher klassischen Muster und Anstriche aus den Vorgängern weiterhin bevorzuge.
Um eines vorwegzunehmen, wer in Dirt 5 zumindest noch einige klassische Rallye-Elemente erwartet, der ist absolut fehl am Platz. Das neue Rennspiel von Codemasters setzt komplett auf Arcade-Action, neue Spielmodi und Fun. Geblieben sind lediglich viele staubige Pisten, die aber dank der sehenswerten dynamischen Wettereffekte meist zu matschigen Pisten werden, MotorStorm lässt grüßen.

Jede Menge Events, aber kein Fortschrittsgefühl
An Spielmodi mangelt es Dirt 5 nicht, es gibt den Arcade-Bereich mit Zeitrennen sowie Free Play, Multiplayer sowohl online als auch lokal im Splitscreen und den umfangreichen Karriere-Modus. Hier schaltet man nach und nach neue Muster, Aufkleber sowie spezielle Lackierungen frei und verdient Dirt Dollars. Je nach Abschneiden in den Events gibt es außerdem einen bis drei Punkte, die wiederum der Freischaltung neuer Events dienen.
Der bunte Karrierebaum ist vollgestopft mit Rennen und Herausforderungen. Was allerdings fehlt, ist trotzdem das Gefühl von Wettbewerb und der Kampf um die Spitze, denn alle Rennen und Locations sind wild durcheinandergewirbelt. Cups oder Weltmeisterschaften, bei denen Punkte aus mehreren Rennen zur Gesamtwertung zusammengezogen werden, gibt es in Dirt 5 nicht.
Das wirkt sich zwar positiv auf die Abwechslung aus. Die zehn Orte nutzen sich aber nach einigen Stunden dennoch ab, auch wenn man mit 70 einzigartigen Strecken wirbt. Wetter, Tageszeiten und eine umgedrehte Befahrung machen halt auch kein neues Streckengefühl aus. Insgesamt ist das aber kein echter Schwachpunkt von Dirt 5, denn Kurse in städtischer Umgebung wechseln sich mit Eis-Arenen, Dschungel-Pisten und Steinbrüchen ab.
Die verschiedenen Renntypen sind hingegen fast alle gleich, mal gibt es Kurse mit mehreren Runden oder Rennen von A nach B. Wirklich herausstechen tun hier nur die wenigen Rennen auf Eis, was die Steuerung betrifft, als auch die neuen Path Finder Events. Diese ersetzen die alten Hill Climb Events, die allerdings deutlich spaßiger und spielerisch besser umgesetzt waren. Bei Path Finder kämpfen wir uns durch steile und wilde Kurse, wobei die Fahrphysik hier gerne an ihre Grenzen kommt, was zu unfreiwillig komischen Überschlägen und wildem Gewackel unseres Gefährts führt.

Wenn »MotorStorm« und »Dirt« ein Kind haben
Dirt 5 kann grafisch ein echtes Brett sein, das gilt insbesondere dann, wenn das dynamische Wetter einsetzt und die Tageszeit sich (zu schnell) ändert. Fast alle Events beginnen bei Sonnenschein, meist setzt aber schnell Regen, Sturm, Gewitter oder ein Schneesturm ein. Dann spielt Dirt so richtig mit den Muskeln und man merkt klar, hier sind Macher von MotorStorm und DriveClub am Werk.
Die Piste wird matschiger und es kommt schon fast MotorStorm-Feeling auf, die Wettereffekt sorgen für zusätzliche Begeisterung. Diese kommen zwar nicht an DriveClub heran, können aber dennoch beeindruckend aussehen, wenn man nicht gerade die Cockpit-Ansicht nutzt.
Codemasters neuer Arcade-Racer profitiert klar von seinem dynamischen Wetter, den Auswirkungen auf die Strecke und die Umgebung, ohne diesen Aspekt wäre es wohl nur ein durchschnittliches Rennspiel geworden. Denn die Rennen fordern erst, wenn man gegen Untergrund und Wetter ankämpfen muss. Die KI der Gegner schwankt dabei zwischen stark, sehr aggressiv und keinerlei Herausforderung. Laut Codemasters soll die KI aber zum Release bzw. mit dem Day-1-Patch noch verbessert werden.
Was sonst noch in »Dirt 5« steckt
Gymkhana feiert seine Rückkehr in die Dirt-Reihe, allerdings sind die Drift-Events in kleinen Arenen kein Schwerpunkt im neuen Serienteil. Wer also wenig Spaß daran hatte, muss sich keine Sorgen machen, den Fortschritt blockieren die Events nicht. Im Playground-Modus können wir außerdem eigene Arenen bauen und mit Freunden oder der ganzen Welt teilen. Hier sollte man aber keinen klassischen Strecken-Editor erwarten. Stattdessen platziert man in vorgegebene Stadien- bzw. Arenen-Elemente und kann so spaßige Playgrounds basteln.
Untermalt wird Dirt 5 von einer Radioshow, eine wirkliche Story oder tiefgründige Diskussionen sollte man hier aber nicht erwarten. Die teilweise witzigen Kommentare zum Fortschritt kann man sich zwar durchaus geben, diese werten aber Dirt 5 weder auf noch ab.




Technisch lief die von uns genutzte PC-Version ordentlich, aber noch nicht perfekt. Hin und wieder gab es bei Nachtrennen kleinere grafische Fehler von Lichtquellen und die Namen über den Wagen der KI-Fahrer wackelten in den ersten Sekunden eines Rennens noch wild umher. Abstürze oder sonstige grobe Fehler waren aber nicht auszumachen. Mit einer SSD waren die Events auch stets in wenigen Sekunden geladen.
Einen Foto-Modus bietet Dirt 5 ebenfalls, dafür haben wir aber klassische Replays vermisst.
Wer sich daran und an dem bunten Auftritt nicht stört, der erhält ein (meist) sehenswertes und spaßiges Arcade-Rennspiel.
Fazit: Codemasters wählt mit dem neuesten Ableger der Dirt-Reihe endgültig den reinen Arcade-Weg. Weg sind auch die letzten klassischen Rallye-Elemente, diese finden sich jetzt nur noch in Dirt Rally. Dirt 5 präsentiert sich als spaßiger Arcade-Racer mit Elementen aus MotorStorm und Wetter-Effekten aus DriveClub.
Die abwechslungsreichen Locations können dabei über Stunden an den Bildschirm fesseln. Insgesamt fehlt es Dirt 5 aber ein wenig an Tiefgang und einem Gefühl von Fortschritt und Wettbewerb im Karriere-Modus. Wer sich daran und an dem bunten Auftritt nicht stört, der erhält ein (meist) sehenswertes und spaßiges Arcade-Rennspiel.
Dirt 5 ist für PC, PlayStation 4, Xbox One und Xbox Series X|S erschienen. Eine Version für PlayStation 5 folgt zum Konsolen-Release. Das Upgrade von der PS4- und Xbox-One-Version auf die Next-Gen-Fassung ist jeweils kostenlos möglich.