Verpackung (Adventure Games: Das Verlies)

Sinnigerweise heißen die neuesten Spiele auch Adventure Games und eine digitale Komponente gibt es doch: eine Begleit-App, die sämtliche Texte im Abenteuerbuch vorliest, wenn man das denn möchte.

Im Fall Das Verlies wachen die Spieler im Mittelalter auf, sind zu allem Überfluss noch eingekerkert und müssen zuerst einmal aus dem verschlossenen Raum herauskommen – was fast wie eine EXIT-Aufgabe klingt. Doch schnell wird klar, dass es bei den Adventure Games viel mehr darum geht, Umgebung und Gegenstände zu erkunden, Objekte zu finden und diese zu gegebener Zeit zu nutzen.

Herausfordernde Rätsel kommen erst mal nicht vor. Stattdessen schaut man überall nach, was denn so zu finden ist und ob das Gefundene irgendwo nützlich verwendet werden kann. Kurz: Man erlebt eine Geschichte, erfährt etwas mehr über die missliche Lage, in der man steckt, und mäandert auf diese Weise durchs Spiel. Das ist eine nette Ergänzung zu den EXIT-Spielen, bei denen die meisten Fälle Storytelling-mäßig ja doch zu wünschen übrig ließen.

Spielszene (Adventure Games: Das Verlies)
© Hendrik Breuer

Spielmechanisch ist das Point-and-Click so umgesetzt, dass es in den Räumen des Verlieses jeweils eine Reihe an interessanten (durchnummerierten) Details und Objekten gibt, die untersucht werden können. Dazu wird dann entweder im Abenteuerbuch bei der entsprechenden Nummer nachgelesen oder die Nummer wird in die App eingegeben und ein Sprecher liest einem alles vor. Nachdem ich das erste Drittel des Spiels mit Lesen (und Blättern!) verbracht habe und den Rest mit der App, will ich die App nicht mehr missen. Es spielt sich entspannter, wenn man nicht immer in dem Heftchen herumsuchen muss.

Meistens finden wir Gegenstände und dürfen diese in Form von Spielkarten an uns nehmen. Manchmal macht es Sinn, diese Gegenstände sofort einzusetzen. (Etwa um mit einem gefundenen Schraubenzieher eine verschraubte Luke zu öffnen. Keine Sorge, das passiert in Das Verlies nicht, war nur ein Beispiel.) Dazu werden entweder die Nummern von zwei Gegenständen oder von Gegenstand und Objekt im Raum kombiniert. Wer schon einmal Unlock gespielt hat, wird sich sofort ins System hineinfinden.

Das funktioniert alles ganz gut. Wir arbeiten uns von einem Raum zum nächsten und finden immer mehr heraus. Nach einer Weile liegt ein großes »Spielfeld« vor uns aus und es ist gar nicht so einfach, sich an jedes Detail zu erinnern, das man irgendwo erfahren hat und das man später, mit mehr Material, noch einmal genauer untersuchen wollte.

Raum (Adventure Games: Das Verlies)

Relativ schnell können wir die erste (von drei Aufgaben) lösen und haben so ein motivierendes Erfolgserlebnis. Solo habe ich das kooperative Event-Spiel in rund drei Stunden durchgezockt. Danach kann ich es übrigens wieder in den Originalzustand versetzen und weitergeben. Mehr als einmal kann man es selbst zwar nicht spielen (es sind ja alle Lösungen bekannt), aber immerhin zerstört man kein Spielmaterial wie bei den EXIT-Spielen.

Wie angedeutet, sind die Rätsel, die man später im Spiel doch noch lösen muss, nicht so knackig wie bei EXIT. Erfahrenen Escape-Raum-Spielern dürften sie keine allzu großen Schwierigkeiten bereiten. Die Geschichte in Das Verlies ist solide, aber auch nicht so spannend erzählt oder voller überraschender Plot Twists, dass es einen vom Stuhl reißen würde.

Fazit: Alles ist im Fluss und das ist durchaus eine schöne Erfahrung. Vermutlich ist es in der Gruppe auch noch besser als solo, aber ich hatte leider keine passenden Mitspieler zur Hand. Im Alleinspielermodus kann ich es wohl auch nur Brettspiel- und EXIT-Fans empfehlen. Mindestens zu zweit ist es bestimmt auch etwas für Computerspieler, die von diesen »tollen neuen Brettspielen« gehört haben, sich aber nicht an ein regelintensives Strategiespiel herantrauen. Denn einen riesen Vorteil hat auch die Adventure Games-Serie: Niemand muss noch Spielregeln lesen, die App kann einem das Spiel in ein paar Minuten gut erklären.

Adventure Games: Das Verlies von Matthew Dunstan und Phil Walker-Harding, Kosmos Verlag, 1-4 Spieler ab 12 Jahren. Neben Das Verlies sind mit Die Monochrome AG und Die Vulkaninsel zwei weitere Spiele aus der Adventure Games-Reihe erschienen.