Key Art (Call of Duty: Warzone)

Battle Royale. Es gab eine Zeit in 2017, 2018 – da hat die Erwähnung des Begriffs allein schon für Freudenstürme oder genervt gerollte Augen gesorgt. PUBG hatte einen Hype losgetreten, wie ihn die Videospielwelt selten zu Gesicht bekommt, und Fortnite hat am Ende den größten Profit daraus geschlagen.

Aber auch 2020 ist das Thema noch ein heißes Eisen, selbst wenn nicht mehr gefühlt jedes zweite neue Spiel ein Battle-Royale-Shooter ist. Das neueste Last-Man-Standing-Deathmatch heißt Call of Duty: Warzone. Nach Blackout, dem Battle-Royale-Modus des 2018er Call of Duty: Black Ops 4, steht nun also der zweite BR-Shooter der Marke auf der Agenda.

Und der schlägt ziemlich heftig ein, sowohl auf Twitch als auch bei den Spielerzahlen. Diesmal hat sich Activision einige Tricks und Kniffe bei der erfolgreichen Konkurrenz abgeschaut. Warzone ist wie Fortnite Free2Play samt optionalen kosmetischen Mikrotransaktionen. Es übernimmt spielerische Ideen vom erfolgreichen Apex Legends und macht obendrein auch noch einen Heidenspaß.

Ganz fertig ist es aber noch nicht, wie der Vermerk »Beta« im Spiel-Client verdeutlichen soll. Warum BR-Fans trotzdem nicht umhinkommen, diesen Kracher zu spielen, verrät unser Early-Access-Test.

Zu dritt (Call of Duty: Warzone)

Noch ein Battle Royale aus dem Hause Call of Duty. Na, da bin ich ja mal gespannt, ob es diesmal bei mir zündet. So oder so ähnlich waren meine Gedanken, als sich die Leaks zu Warzone bestätigten und das Free2Play-Spiel schließlich am 10. März erschien. Denn Blackout hatte mich nicht so recht vom Hocker gehauen, was in erster Linie am arcade-lastigen Shooter-Gefühl seiner Basis lag.

Bei Call of Duty: Modern Warfare aber, welches das Grundgerüst für Warzone liefert, grinde ich seit Monaten fröhlich vor mich hin. Ehrlich gesagt ist es das erste Call of Duty seit dem Serien-Erstling anno 2003, dass mich derart begeistern kann. Das liegt zu grob geschätzt 95,92 Prozent am herausragenden Waffengefühl, dem guten Mix aus verschiedenen Spielweisen und der motivierenden Grind-Spirale. Lest unseren Test zu Call of Duty: Modern Warfare, wenn ihr mehr erfahren wollt.

Als ich dann Warzone und seine zwei enthaltenen Modi Battle Royale und Beutegeld ausprobierte, stellte ich erleichtert fest: An der Basis rüttelt Infinity Ward nicht. Call of Duty: Warzone fühlt sich an wie Modern Warfare und sieht dabei meistens genauso klasse aus, eskaliert das Ganze aber auf die nächste Stufe.

Im Folgenden stelle ich euch die beiden Modi von Call of Duty: Warzone vor und begründe, warum ich sie so gut finde.

Vor dem Absprung (Call of Duty: Warzone)

Das Battle Royale

Ich springe mit meinem Team aus insgesamt drei Spielern über der riesigen Spielwelt Verdansk ab, 147 andere pro Partie machen das gleiche. Tödliches Gas umschließt das Geschehen ringförmig, sodass wir uns stufenweise so lange bewegen müssen, bis die letzten Überlebenden einer Partie »im kleinen Kreise« zusammenkommen. Das letzte Team gewinnt das Match.

Per Ping-System (Gruß an Apex Legends) habe ich den Teamkollegen schon aus dem Flugzeug gezeigt, wo meiner Meinung nach diesmal der beste Ort zum Landen ist. Ab nach Verdansk Airport, der Flughafen, der stark von der Map Terminal aus Modern Warfare 2 inspiriert ist.

Übrigens finden sich auch andere bekannte Orte, darunter viele Maps aus dem Grundspiel Call of Duty: Modern Warfare auf der Map wieder. Das wirkt ein wenig recycelt, aber da Recycling schon lange nichts Schlechtes mehr ist, und weil’s in diesem Fall nostalgische Gefühle wecken kann und die Maps thematisch verbindet, stört’s mich nicht.

Absprung (Call of Duty: Warzone)

Das Weltdesign ist sogar geradezu super. Mit viel Liebe zum Detail verbindet die Verdansk-Map ländliche und städtische Gebiete. Große Strukturen wie das Gefängnis oder der Staudamm sorgen überdies für Abwechslung in den Kämpfen.

Drei, zwei, eins, Absprung! In der Luft wechsele ich zwischen Fallschirmgleiten und Sturzflug, um sowohl schnell als auch weit fliegen zu können. Schließlich will ich am Boden sein und mir außer der Start-Pistole eine brauchbare Waffe schnappen, bevor andere Spieler mir zuvorkommen. Denn durch die große Spielerzahl herrscht in Call of Duty: Warzone deutlich weniger Leerlauf als etwa in PUBG, Feinde lauern überall.

Da, eine Truhe, die mit deutlichem Summen ihre Position verrät. Ich finde ein Sturmgewehr ohne Mods, eine Panzerplatte und eine Clusterschlag-Abschussserie.

Verdansk-Stadion (Call of Duty: Warzone)

Die Panzerplatte stecke ich in meine Weste, bis zu drei solcher Platten schützen mich vor Beschuss. Allerdings sind sie nach drei Treffern allesamt Schrott, was im Umkehrschluss verhindert, dass ich gefühlt ewig an einem Gegner rumsägen muss, bevor der mal zu Boden geht – etwas, das mich in Apex Legends erheblich nervt. Bei Kopftreffern durch Scharfschützengewehren landet der Gegner sogar direkt auf dem Boden, Panzerung hin oder her – allerdings kann hier ein Teamkollege noch aufhelfen.

Die Clusterschlag-Abschussserie lässt Artillerie auf ein von uns markiertes Gebiet hageln. Mächtige Skills wie dieser werden im Basisspiel Modern Warfare durch Abschussserien ohne eigenen Tod vergeben, im Battle Royale sind sie dagegen seltener Loot.

Das Sturmgewehr ohne Mods hilft zwar in den ersten Minuten, aber wenn ich ein Visier für lange Distanzen oder dergleichen will, muss ich eine solche Waffe finden. Einzelne Elemente dranschrauben wie in PUBG gibts nicht, was das Loot-Management in Warzone auf ein Minimum beschränkt. Das ist dem Spielfluss sehr förderlich, da nichts von der eigentlichen Action, sprich den Kämpfen, ablenkt.

Zielfernrohr (Call of Duty: Warzone)

Die beste Strategie ist es aber ohnehin, einfach solange herumliegendes Geld zu sammeln, bis man sich an auf der Map verteilten Shops sein Lieblings-Loadout aus Modern Warfare (oder ein vordefiniertes für reine Free2Play-Spieler) ins Battle Royale schicken lassen kann.

Vorausgesetzt, man muss das Geld nicht ausgeben, um einen verstorbenen Teamkollegen zurückzukaufen, was wie in Apex Legends jederzeit möglich ist, allerdings in Warzone nur solange man entsprechend flüssig ist. Außerdem: Ein einziges Mal kann jeder Spieler aus eigener Kraft einen Respawn gewinnen. Dafür kommt man nach dem ersten Dahinscheiden ins »Gulag«, eine winzige Map aus dem 2v2-Modus Gunfight in Modern Warfare.

Hier tritt man im 1v1 gegen einen anderen verstorbenen Spieler an – wer gewinnt, darf erneut abspringen und zu seinen Teamkollegen zurückkehren. Nebenbei werfen wartende Spieler von den Rängen mit Steinen auf die Kontrahenten. Das ist atmosphärisch und unterhaltsam inszeniert.

Goulag (Call of Duty: Warzone)

Zurück in der Action, kann ich übrigens während des gesamten Matches auch Missionen auf der Map erledigen, um Geld zu verdienen. Dann jagt mein Team bestimmte Beutekisten, wir müssen ein Gebiet für eine Zeit lang halten oder einen bestimmten Gegenspieler besiegen.

Aber erst mal erinnert mich der enger werdende Kreis daran, dass die Spielwelt ja immer kleiner wird. Und der Weg bis zum Rand der neuen Zone ist weit, also schnappen wir uns ein herumstehendes Fahrzeug und fahren los. Die weit durch die Welt hallenden Schüsse signalisieren Gefechte, die wir entweder suchen oder meiden können. Letztlich sind Kämpfe zwar spaßig, aber taktisch nicht immer klug. Schließlich wollen wir als letztes Team noch stehen und nicht etwa die meisten Kills erzielen.

Am Rande der Zone angekommen geraten wir dann doch in ein Scharmützel. Und hier glänzt Warzone besonders, was vor allem am grandiosen Waffengefühl des Basisspiels Call of Duty: Modern Warfare liegt. Mein Sturmgewehr ballert derart authentisch, dass ich fast glaube, den Schmauch zu riechen. Druckvolle Soundeffekte und zackige Nachladeanimationen tun ihr Übriges, um ein großartiges Shooter-Gefühl zu erzeugen.

Fahrzeug (Call of Duty: Warzone)

Und hey, auf die Entfernungen von mehreren Hundert Metern, die in offenen BR-Welten ja keine Seltenheit sind, ist der Call of Duty-typische Dauerfeuermodus keine gute Wahl mehr. Hier muss ich tatsächlich etwas kontrollierter schießen, um Gegner zu besiegen. Das erhöht den Anspruch, was für mich als Hardcore-Shooter-Fan in einem Call of Duty lange Zeit völlig gefehlt hat.

Im letzten Kreis angekommen, entscheidet das Shooter-Geschick und die Kommunikation mit den Teamkollegen, ob wir siegreich aus der Runde hervorgehen. Und hier schießt mir jedes Mal wieder eine Menge Adrenalin ins Blut, typisch Battle Royale eben.

Insgesamt leistet sich Call of Duty: Warzone kaum Schwächen und macht durchweg mächtig Laune. Lediglich die gelegentlichen Bugs oder Grafik-Glitches wie arg grobe Detaillevel bei weit entfernten Objekten bestätigen, dass es sich um eine Beta-Version handelt. Ansonsten enthält der Battle-Royale-Modus bereits jetzt etliche Hundert Stunden Spaß für Fans des Genres und solche, die es vielleicht mal werden wollen.

Credits (Call of Duty: Warzone)

Der Beutegeld-Modus

Im Modus Beutegeld von Warzone herrscht ein ganz anderes Reglement. Keine schrumpfende Spielwelt, kein giftiges Gas. Wir springen ebenfalls in Dreier-Teams ab, insgesamt gibt es aber nur 100 Spieler pro Partie, was etwas weniger Shooter-Action bedeutet. Außerdem gibt es Respawn, wir springen also stets erneut ab, nachdem wir gestorben sind.

Aber was ist dann der Sinn? Das Ziel in Beutegeld ist es, als erstes Team eine Million Dollar zu sammeln. Haben wir also Geld gefunden, müssen wir es entweder ohne zu sterben bis zum Ende der rund 30-minütigen Matches behalten, oder besser noch regelmäßig per Helikopter oder mit einem persönlichen Ballon ausfliegen. Nur dann ist es sicher. Sonst verlieren wir durch den Tod jeweils die Hälfte des verdienten Geldes.

Wir verdienen Geld, indem wir auf der Map verteilte Beutekisten öffnen, anderen Spielern ihr Geld abnehmen oder die zuvor erwähnten Missionen erfüllen – idealerweise mixen wir alles je nach Lage, um den großen Reibach zu machen. Dieser Modus stellt eine willkommene Abwechslung dar und eignet sich auch zum Üben, da er weniger erbarmungslos als das Battle Royale ausfällt.

Geldregen (Call of Duty: Warzone)

Und Spaß macht die Jagd nach der fetten Kohle auch, zumal man mit einem eingespielten Team auch mit verschiedenen Strategien erfolgreich sein kann. Ich habe mich beispielsweise mit einem Freund nur zu zweit ins Match begeben und den dritten Platz erreicht, indem wir ausschließlich Missionen gemacht haben.

Ganz allein habe ich es mit dieser Strategie sogar auf den zweiten Platz geschafft, während ich allen Kämpfen mit meinem Jeep konsequent aus dem Weg gefahren bin. Sogar die Hotspots um die Geld-Abholpunkte konnte ich vermeiden, indem ich persönliche Ballons für teuer Geld an einem der zahlreichen Shops gekauft habe.

Hier kommt mein einziger Kritikpunkt am Beutegeld-Modus zum Tragen, denn derart ausweichende Strategien sollten in einem PvP-Spiel nicht allzu erfolgreich sein. Hier wäre es denkbar, den Preis für die persönlichen Ballons zu erhöhen, um mehr Spieler zum umkämpften Helipad zu bringen. Hier lauert allerdings auch Frust, wenn man das ganze verdiente Geld an ein anderes Team verliert. Ob Infinity Ward noch größere Balance-Änderungen vornimmt, wird die Zeit zeigen.

Nirgends, weder in PUBG noch Apex Legends, hatte ich mehr Spaß mit dem königlichen Modus.

Fazit: Infinity Ward und Activision gelingt mit Warzone das beste Battle-Royale-Gesamtpaket bis dato. Das liegt an den Stärken beim Spieldesign, die weitgehend aus Modern Warfare stammen. Aber auch die vielfältige und gut durchdachte Spielwelt kann neue Maßstäbe im Genre setzen. Dazu gehört auch der Fakt, dass es fast keine Sackgassen gibt und so stets ein guter Spielfluss gewährleistet ist.

Die größte Revolution für Call of Duty besteht aber im fairen Monetarisierungsmodell, das nun einen Battle Pass wie in Fortnite anbietet. Keine Lootboxen mit zufälligen Items, keine Gameplay-relevanten Waffen mit intransparenten Erfolgschancen mehr. Was beim Vorgänger Black Ops 4 die anfangs noch euphorische Fangemeinde vergrault hat, soll bei Modern Warfare und Warzone nun nicht mehr geschehen.

Das ist ein wichtiger Schritt für Activision, denn Profit hin oder her – wer keine Rücksicht auf die Kunden nimmt, spürt das irgendwann meist auch in den Zahlen. Und wenn sich die witzigen und kreativen kosmetischen Items in Modern Warfare und Warzone nicht zumindest ordentlich verkaufen, dann esse ich einen Besen. Mein Geständnis: Ich habe mir kürzlich für 10 Euro eine virtuelle Armbanduhr mit einem Tamagotchi gekauft, das sich von meinen Kills ernährt. Und ich bereue es nicht einmal!

Das kostenlos spielbare Call of Duty: Warzone ist am 10. März 2020 für PC (via Battle.net), PlayStation 4 und Xbox One erschienen.