Key Art (The Dark Crystal: Age of Resistance Tactics)

Es ist ziemlich seltsam. Bei The Dark Crystal: Age of Resistance Tactics handelt es sich um ein Lizenzspiel, das die Story der gleichnamigen Netflix-Serie nacherzählt, doch statt cooler Videosequenzen gibt es comic-hafte Standbilder und Texte zum Mitlesen. Wer die Serie bereits gesehen hat, durchlebt also dieselbe Geschichte, nur weniger hochwertig inszeniert.

Aber: Falls ihr die Netflix-Show noch nicht gesehen habt, wird es euch schwerfallen, der Story zu folgen, weil sie im Spiel sehr bruchstückhaft erzählt wird. Da ich ein alter Sack bin, habe ich den Film damals im Kino gesehen, doch die neue Serie lag noch auf meinem Pile of Shame. Ich hatte deshalb echte Probleme, der Geschichte zu folgen und die Figuren auseinanderzuhalten. Also unterbrach ich die Spielsession, um mir ein paar Folgen der Serie zu Gemüte zu führen.

In der düsteren Fantasy-Geschichte geht es im Grunde darum, die sieben Häuser der Gelflinge zu vereinen, um einen Aufstand gegen die Herrschaft der Skekse zu organisieren. Die Skekse töten Gelflinge, um deren lebensverlängernde Essenz zu konsumieren und auch sonst ist ihr Handeln von großer Arschlochhaftigkeit geprägt. Um den Planeten Thra aus dem eisigen Griff der reptilienartigen Wesen zu befreien, müssen die Gelflinge viele gefährliche Abenteuer überstehen.

Jim Henson wollte 1982 mit seinem Film die Ungerechtigkeiten der modernen Welt widerspiegeln. Damals war es ziemlich gewagt, so eine sozialkritische »Unterdrückte versus Unterdrücker«-Thematik in einen Puppenfilm zu zwängen. Schließlich wurden in diesem Genre vor allem kindgerechte Inhalte transportiert. Jim Henson hat mit The Dark Crystal echte Pionierarbeit geleistet und quasi den Grundstein für Werke wie Peter Jacksons Meet the Feebles gelegt. Auch die CGI-Gurus von Pixar bezeichnen den Klassiker als große Inspirationsquelle.

Feuerball (The Dark Crystal: Age of Resistance Tactics)

Das größte Problem des Spiels ist, dass die Alleinstellungsmerkmale der TV-Vorlage fehlen. Das beginnt schon bei der Grafik, die eher zweckmäßig wirkt und dem Charme des handgemachten Puppentheaters nicht ansatzweise gerecht wird. Zudem kommen in der TV-Serie hochkarätige Hollywoodstars als Sprecher zum Einsatz, darunter Sigourney Weaver, Taron Egerton, Mark Hamill, Simon Pegg und Helena Bonham Carter. Da können Dialoge in Textform natürlich nicht mithalten. Was aber cool ist, sind bestimmte Missionen, die euch Teile der Story spielen lassen, welche in der Serie eher im Hintergrund stattfinden.

Okay, grafisch ist The Dark Crystal: Age of Resistance Tactics ziemlich schwach, aber das Gameplay punktet mit Tiefgang. Ihr findet euch auf einer Übersichtskarte wieder und nachdem ihr eine Mission ausgewählt habt, landet ihr auf dem Schlachtfeld. Die unterschiedlichen Terrains sind abwechslungsreich gestaltet und entführen euch in Wälder, Sumpfgebiete, Wüstenlevels und so weiter. Das Spielfeld wird aus der isometrischen Schrägsicht präsentiert und jede eurer Spielfiguren kann pro Runde eine bestimmte Zahl von Feldern überqueren sowie Aktionen und Angriffe ausführen. Dasselbe gilt für eure Gegner und oben links zeigt eine Leiste an, in welcher Reihenfolge die Figuren zum Zug kommen. Wann ein Kämpfer an der Reihe ist, wird durch den individuellen Erholungswert bestimmt.

Ihr wählt Nah- oder Fernattacken sowie charakterspezifische Fähigkeiten und Magie über ein Radialmenü, das sich mit dem Controller etwas fummelig anfühlt. In der Regel müsst ihr dafür sorgen, dass alle Gegner das Zeitliche segnen. Ab und zu sollen auch Schalter betätigt, Figuren beschützt oder bestimmte Positionen auf dem Schlachtfeld erreicht werden. Optionale Missionsziele, die mit zusätzlichen Belohnungen winken? Ja, die gibt es natürlich auch.

»Final Fantasy Tactics« anyone?

Insgesamt erinnert The Dark Crystal: Age of Resistance Tactics stark an den alten Square-Klassiker Final Fantasy Tactics. Inklusive Jobsystem, das eine Spezialisierung der einzelnen Charaktere ermöglicht. Ihr sammelt Erfahrungspunkte und levelt eure Helden auf, wodurch immer mehr Optionen der Charakterentwicklung freigeschaltet werden. Während sich die Figuren zu Beginn sehr ähnlich spielen, ist im Laufe des Abenteuers eine Entwicklung in sehr spezifische Richtungen möglich. Somit könnt ihr euch zwischen den Kampagnenmissionen eine Truppe auf den Leib schneidern, die exakt euren Vorlieben entspricht. Die 15 unterschiedlichen Job-Klassen ermöglichen sehr interessante Kombinationen und erhöhen den Wiederspielwert.

Zwischen den Missionen kauft ihr Ausrüstung oder tobt euch in den Charaktermenüs aus. Ansonsten gibt es abseits der rundenbasierten Schlachten nicht viel zu tun. Auf umfangreiches Base-Building wie in X-COM müsst ihr also verzichten. The Dark Crystal wirkt eher wie ein Mobile Game, das man häppchenweise konsumiert und es würde uns nicht wundern, wenn der Titel demnächst auch für iOS und Android erscheint.

Mit Rundentaktik-Hits wie Mutant Year Zero, XCOM: Enemy Unknown oder Phoenix Point kann das Gelfling-Abenteuer nicht mithalten.

Fazit: Ihr mögt schnörkellose Fantasy-Rundenkämpfe alter Schule und seid Fans der Vorlage? Dann solltet ihr diesem Spiel eine Chance geben. Alle anderen machen besser einen großen Bogen um The Dark Crystal: Age of Resistance Tactics, denn mit Rundentaktik-Hits wie Mutant Year Zero, XCOM: Enemy Unknown oder Phoenix Point kann das Gelfling-Abenteuer nicht mithalten.

The Dark Crystal: Age of Resistance Tactics ist am 4. Februar 2020 für Nintendo Switch, PC, PlayStation 4 und Xbox One erschienen.