ESL One Hamburg 2019
© Bart Oerbekke/ESL

Ursprünglich gegründet 2000 in Deutschland, ist das eSports-Unternehmen ESL inzwischen zur international operierenden Organisation aufgestiegen, mit zahlreichen eSports-Events und Formaten rund um den Globus.

Wir haben ein Interview mit dem Head of PR der ESL geführt und sowohl über die Anfänge als auch die nächste Zukunft gesprochen. Außerdem stellen wir die Gretchenfrage, ob eSports denn nun richtiger Sport ist oder nicht.

Ganz am Anfang angesetzt, was war entscheidend, dass die ESL den Sprung auf die internationale Bühne geschafft hat?

Christopher Flato: Ich selbst bin zwar erst seit fünf Jahren bei der ESL, aber ich habe häufig mit unserem Gründer Ralf Reichert gesprochen.

Entscheidend war der Umstand, dass wir eSports von vornherein als globale Bewegung gesehen haben. Wir haben gleich erkannt, dass eSports nichts ist, was man in Ländergrenzen einteilen kann. Es ist ja eine globale Community, Spiele werden auf der ganzen Welt gespielt.

Wir haben uns deshalb früh entschlossen, das Projekt global voranzutreiben. Also haben wir Büros in Frankreich, Polen, Spanien, später auch USA, Australien, Indien und China eröffnet. Inzwischen haben wir 550 Mitarbeiter in 17 Büros, mit denen wir die lokalen Bedürfnisse der Communitys vor Ort bedienen können.

Wir haben in den letzten 20 Jahren viel gelernt und seit eSports international so durchgestartet ist, läuft es auch für uns ziemlich gut.

Welche waren die größten Game Changer, die ihr durch das Wachstum durchgemacht habt? Gab es große Veränderungen im Umgang mit den Teams und den Fans?

Chris: Natürlich hat sich alles deutlich professionalisiert. Die Teams sind ja auch keine fünf Kumpels mehr, die sich in der Garage getroffen haben. Heutzutage sind das wirklich Institutionen mit großen Sponsoren und teils Millionen Fans. Entsprechend hat der Umfang an Komplexität und Professionalität zugenommen.

Aber dennoch, zumal viele derjenigen, welche die Projekte damals angestoßen haben, heute in führenden Positionen tätig sind, kennt man sich häufig untereinander. Da herrscht meistens ein freundliches Miteinander, auch wenn sonst eigentlich der kompetitive Geist in der Natur unserer Sache liegt.

Die Frage, die uns auch immer wieder von Menschen außerhalb der Gaming-Szene gestellt wird, möchte ich direkt an dich weitergeben: Ist eSports denn nun richtiger Sport?

Chris: Das ist eine der heiß diskutiertesten Fragen in unserer Branche, die natürlich Aufmerksamkeit generiert und auch viele Player an den Tisch bringt, sei es aus Politik oder Wissenschaft. Für uns ist die Frage relativ einfach zu klären: Ja, wir sehen eSports als richtigen Sport. Dafür sprechen Argumente wie der starke Wettbewerb, der kompetitive Aspekt. Die physischen Merkmale, die auf den ersten Blick einer klassischen Sportart entgegenlaufen, aber dennoch gegeben sind, spielen auch eine wichtige Rolle.

Die Sporthochschule Köln beispielsweise hat gemessen, dass unter anderem die Herzfrequenz und die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol bei einem LoL-Spielers während eines Matches das Niveau eines Rennfahrers erreicht. Oder die Hand-Auge-Koordination eines Counter-Strike-Spielers, die ein höheres Leistungsniveau als die eines Tischtennisspielers erreicht. Das sind Fakten, die zwar keinen stark physischen Sport, aber einen Präzisionssport kennzeichnen.

Für uns ist die Frage relativ einfach zu klären: Ja, wir sehen eSports als richtigen Sport.

Als Unternehmen ist uns nicht so wichtig, ob eSports das Prädikat Sport zugestanden wird. Unsere Veranstaltungen und Produkte betrifft das wenig. Darunter leiden müssen allerdings kleine eingetragene Vereine, weil sie beispielsweise keine öffentlichen Einrichtungen wie Vereinsheime nutzen dürfen. Auch Credibility, also Anerkennung und Glaubwürdigkeit, spielt eine Rolle. eSports musste sich behaupten und verteidigen, weil das Computerspielen lange Zeit häufig verpönt war und noch ist.

Warum eSports noch nicht als Sport anerkannt wird, liegt konkret daran, dass wir aktuell nicht den Regularien des Deutschen Olympischen Sportbundes entsprechen. Zum einen fehlt dem DOSB der physische Aspekt, zum anderen wird der ethische Aspekt kritisch betrachtet, wenn es um den virtuellen Waffengebrauch geht. Außerdem entspricht die Organisation in Vereinen und Dachverbänden noch nicht den Regularien des DOSB.

Werfen wir einen Blick auf die Zukunft: Welche großen Veranstaltungen und Formate werden 2020 für die ESL am wichtigsten sein?

Chris: Ich kann noch nicht alles fürs nächste Jahr spoilern, aber unsere wichtigsten Events werden weiterhin die ESL One in Köln und die IEM Katowice sein. Neu wird 2020 für uns die ESL Pro Tour. Das ist der Zusammenschluss der unterschiedlichen Event-Level, die alle in einem Pool zusammenlaufen. Hier können sich Spieler im Prinzip »from Zero to Hero« bis an die Spitze hocharbeiten. Das ist ein bisschen auch ein Traum, den wir verkaufen.

Es ist uns sehr wichtig, dass wir für professionelle Spieler die Anlaufstelle von ganz unten bis ganz nach oben sind – und damit das komplette Ökosystem des eSports abbilden. Diese Verbindung haben wir für Counter-Strike eingeführt und werden sie im nächsten Jahr auch für weitere Spiele einführen.