Verpackung (Machi Koro Legacy)

Das Problem: Wir spielen hier kein ultrakurzes Qwixx oder im Casino wie bei Las Vegas, sondern ein Legacy-Spiel. Diese Art von Spielen verändern und entwickeln sich von Partie zu Partie, werden immer komplexer und immersiver. Eigentlich sind sie, zumindest als Erwachsenenspiel wie dieses, auch eher strategisch. Eigentlich. Machi Koro Legacy ist nämlich nicht so.

Das Spiel ist der Legacy-Ableger von Machi Koro, das 2015 zum »Spiel des Jahres« nominiert war. Schon damals spaltete es die Spielerschaft. Die einen liebten den schnellen Städtebau mit Karten, Münzen und zwei Würfeln, andere waren genervt von der Unplanbarkeit des Ganzen. Geld war mal da, mal weg, aber warum oder weshalb wusste man oft nicht. Zu zweit würde ich das Grundspiel auch nicht mehr spielen, dafür sind bei uns zu viele Partien zu einseitig verlaufen, ohne dass einer der Spielenden viel dafür konnte. Eine Person hatte einfach Würfelglück und die andere nicht. Deshalb haben wir Machi Koro Legacy auch zu dritt durchgezockt, mit relativ schmerzfreien Spielern.

Karten (Machi Koro Legacy)

Doch wie geht es los? Mit einer Partie, die nicht viel mehr ist als ein Tutorial und die wir in 17 Minuten geschafft haben. Eigentlich ist es keine schlechte Idee, so eine Einführungsrunde anzusetzen, doch wir halbwegs erfahrenen Machi Koro-Spieler waren erst mal verwirrt: Wie jetzt, wir sind schon mit zehn Prozent des Spiels durch? Schaffen wir die ganze Kampagne etwa an einem Abend? Das Spiel ist nämlich auf genau zehn Legacy-Partien ausgelegt. Glücklicherweise dauern die meisten Runden etwas länger, allerdings kaum mehr als eine Dreiviertelstunde mit weiteren Ausreißern unter die 30-Minuten-Marke. Wobei: Es geht ja nicht nur um die Spieldauer. Ein gerafftes Spielerlebnis ist auf jeden Fall besser als eines, bei dem der Spannungsbogen irgendwann abfällt. Das ist bei uns zum Glück nie passiert. Den Würfeln sei Dank.

Das ist gut für die Spannung: Jeder Wurf zählt.

Was eine gute Überleitung ist zum Kern des Spielerlebnisses. Genau wie Machi Koro kann man dieses Legacy-Spiel kaum steuern. Man muss es taktisch spielen, eigentlich schon opportunistisch von Wurf zu Wurf: »Ich habe x Geld? Dann nehme ich die Karte!« oder »Da gibts was umsonst? Her damit!« oder »Sparen? Bringt nichts, die Karte ist eh gleich weg!« Wie nicht anders zu erwarten, hat man in späteren Partien zwar einige Möglichkeiten, die Wahrscheinlichkeiten zu seinen Gunsten zu beeinflussen, doch das letzte Wort haben immer die Würfel. Und ohne die passenden Ergebnisse zur rechten Zeit kommt man an bestimmte Karten einfach nicht heran und muss sich was Neues überlegen. Die Umschwünge im Spiel waren dann oft auch so heftig, dass jemand gewann, der eigentlich schon wie ein sicherer Verlierer aussah.

Das ist gut für die Spannung: Jeder Wurf zählt. Andererseits kann das auch frusten, gerade wenn ein Mitspieler mal ein paar Partien lang vom Pech verfolgt wird. Es ist halt wie bei Catan, bei dem ja auch mit zwei Würfeln geworfen wird: Man kann alles richtig machen, aber wenn keine Sechsen und Achten fallen, ist man der Gelackmeierte, obwohl man sich bei den lukrativsten Feldern angesiedelt hat.

So geht es los (Machi Koro Legacy)
© Hendrik Breuer

Ich vermute, dass dies auch der Grund dafür ist, dass die einzelnen Partien nur minimal aufeinander aufbauen. Neues Spielmaterial und veränderte Regeln kommen zwar ständig hinzu, allerdings immer für alle Mitspieler. Man kann sich keine entscheidend bessere Ausgangsposition für spätere Partien verschaffen.

Apropos neues Material: Es gibt ja noch die sechs mysteriösen Schachteln und die vielen, vielen Karten des Legacy-Decks, die nach und nach ins Spiel kommen. Bei den grandiosen Pandemic Legacy: Season 1 und Season 2 haben diese Elemente das Spiel zu einem echten Erlebnis gemacht, die Story vorangetrieben, ganz neue Konzepte eingeführt, für etliche Wow-Momente gesorgt. Gut, ein solches Erlebnis dürften die Wenigsten von Machi Koro Legacy erwartet haben, ich auch nicht. Das Spiel wird ja auch als Familienspiel beworben, nicht als Kenner- oder Expertenspiel.

Sagen möchte ich zu dem Thema dann auch nur Folgendes, ganz spoilerfrei: Wirklich überrascht oder begeistert hat uns keines der neuen Elemente, enttäuscht aber auch nicht. Man nimmt dieses Material halt hin, lernt die Regeln recht zügig und spielt einfach weiter Machi Koro. Es fühlt sich so an, als würde man ein Goodie oder eine Mini-Erweiterung nach der anderen hinzufügen. »Mini« ist übrigens das richtige Wort, einige Neuheiten hätten statt in die Box auch in ein Überraschungsei gepasst.

Boxen (Machi Koro Legacy)
© Hendrik Breuer

Klingt das jetzt alles eher negativ? Soll es nicht. Wir hatten schon Spaß und waren gut unterhalten, gerade weil alle drei Spieler (es waren in dieser Runde nur Männer) die Nackenschläge und Wendungen, die das Spiel bereithält, gut verkraften konnten. Einige Frustbierchen wurden allerdings schon benötigt. Wer ein solches spielerisches Auf und Ab nicht mag, sollte die Finger von Machi Koro Legacy lassen.

Geflasht hat uns das Spiel aber auch nicht. Es fühlt sich sehr routiniert an, was Spieleautor Rob Daviau abgeliefert hat. Man sieht dem Spiel an, dass der Legacy-Erfinder nach einem halben Dutzend Veröffentlichungen in dem Genre versteht, worauf es ankommt. Einige Schwächen von Machi Koro sind ausgebügelt, die Erweiterungen funktionieren alle, die zugrunde liegende Geschichte ist auch okay, doch der wirklich große Wurf ist Machi Koro Legacy nicht.

Einige Frustbierchen wurden allerdings schon benötigt.

Man kann das Spiel nach den zehn Legacy-Partien übrigens weiterspielen und nutzt dann auch, soweit ich das verstanden habe, fast alles Material. Wir drei Kampagnen-Spieler dürften damit keine Probleme haben. Ob Neulinge sich schnell in dieses neue Machi Koro mit viel Klimbim reinfuchsen können, bleibt fraglich. Ich werde das jetzt auch erst mal nicht herausfinden, denn ich brauche eine Würfel-Pause!

Inhalt (Machi Koro Legacy)

Machi Koro Legacy von Rob Daviau und JR Honeycutt, basierend auf dem Grundspiel von Masao Suganuma, Asmodee, 2-4 Spieler.