Gaming-Bösewichter

Bösewichter sind in Videospielen das Salz in der Suppe: Sie treiben im Idealfall die Story voran, bringen uns in Rage und erlauben uns dadurch, unseren ganzen Frust an ihnen auszulassen. Sie geben dem Spiel ein Ziel – schließlich wollen wir die Villains unbedingt besiegen und für ihre Gemeinheiten büßen lassen. Weil sie sich dann auch noch für besonders mächtig halten – und es in vielen Fällen auch sind – verschafft uns ein Sieg über sie ganz besonders große Befriedigung.

Aber nicht alle Bösewichter funktionieren in Videospielen gleich gut. Manche sind einfach nur böse um des Böseseins willen, manche bleiben blass, treten zu selten in Erscheinung und manche nerven einfach nur. Trotzdem hat die Videospielgeschichte einige echte Highlights in Sachen böse Oberfieslinge hervorgebracht. Ich selbst habe in meiner mittlerweile 27-jährigen Gaming-Karriere diverse coole Bosskämpfe und hundsgemeine Bösewichter erlebt, von denen mir einige ganz besonders positiv im Gedächtnis geblieben sind. Jetzt stelle ich euch fünf davon genauer vor – vollkommen subjektiv ausgewählt und ohne Anspruch auf Vollständigkeit, versteht sich.

GLaDOS (»Portal«)

Roboter sind per se cool. Aber böse Roboter sind noch cooler. Man denke nur an HK-47 aus Star Wars: Knights of the Old Republic. Der absolut böseste der bösen Roboter – und damit einer meiner persönlichen Lieblingsbösewichter – ist GLaDOS aus Portal. GLaDOS begleitet uns vorwiegend als Computer-Stimme durch die Level von Portal und kommentiert süffisant unsere Gehversuche in ihrem Testlabor. Ihre robotereske Abgeklärtheit und ihr Zynismus verleihen ihr eine Coolness, die ihres Gleichen sucht.

Artwork; GLaDOS (Portal 2)

Ich liebe GLaDOS – und manchmal frage ich mich, ob Portal, das ohne Zweifel herausragendes Gameplay bietet, ohne diesen fiesen Techno-Overlord den Erfolg hätte feiern können, der es letztlich zu einem der besten Videospiele aller Zeiten gemacht hat. GLaDOS schlug unter Gaming-Fans ein wie eine Bombe, die bis heute Jonathan Coultons Song »Still Alive« auswendig mitsingen können.

Frau Engel (»Wolfenstein 2: The New Colossus«)

Als einzige weibliche Figur auf meiner Liste (GLaDOS ausgenommen) verkörpert Frau Engel aus Wolfenstein die brutale Karikatur des ultimativen Bösen. Diente General Totenkopf aus Wolfenstein: The New Order noch einzig und allein der Darstellung eines urbösen Nazischergen, ist Frau Engel mehr als das: Sie bildet die Perfidität des totalitären Naziregimes in allen seinen perversen Facetten ab. Der Sadismus, mit dem sie nicht nur ihre Feinde, sondern sogar ihre eigene Tochter misshandelt, erzeugt eine Aura der Ambivalenz.

Frau Engel (Wolfenstein 2: The New Colossus)

Frau Engel agiert mitunter so übertrieben und grotesk, dass es schon fast komisch wirkt. Doch wenn wir sie beim Foltern beobachten, dabei, die Menge vor BJs Hinrichtungszeremonie anstachelt, dann bleibt uns das Lachen im Hals stecken. Denn wir wissen, wie nahe Frau Engel den realen Schrecken des Naziregimes kommt – und genau das macht sie als Figur zu einem der meiner Meinung nach besten Bösewichter überhaupt.

Handsome Jack (»Borderlands 2«)

Dass Handsome Jack auf meiner Liste gelandet ist, dürfte kaum jemanden überraschen. Handsome Jack taucht in fast jedem einschlägigen Videospiel-Villain-Ranking auf, das findige Fans im Internet auftun können. Trotz der Beschränkung meiner Liste auf fünf Bösewichter habe ich mich entschieden, Handsome Jack trotzdem aufzunehmen – einfach weil er der erste Name ist, der mir einfällt, wenn man mich nach meinen Lieblingsbösewichtern aus Videospielen fragt.

Handsome Jack (Borderlands 2)

Der Grund, dass Handsome Jack aus der Masse der Gaming-Villains herausragt, ist der, dass er einen besonders vielfältigen Charakter besitzt. Der Familienvater ist nicht einfach nur böse, weil er böse sein muss. Stattdessen erzählt uns die Story von Borderlands, dass Handsome Jack nicht immer schon der Tyrann war, als der er sich in Borderlands 2 darstellt. Stattdessen ist Jack die Summe verschiedener negativer Erfahrungen: Er besaß zwar schon immer eine narzisstische Veranlagung, doch erst die Kombination aus schwieriger Kindheit, dem erlittenen Verrat durch Freunde und Verbündete sowie sein erster Gewaltakt machten ihn zu dem wahnsinnigen Diktator von Pandora, dem wir in Borderlands 2 gegenübertreten. Eben dieser Charakter macht Handsome Jack einzigartig, lässt uns fast ein wenig Mitleid mit ihm empfinden – und sorgt dafür, dass dieser Oberbösewicht auf jeden Fall in unserem Gaming-Gedächtnis haften bleibt.

Tom Nook (»Animal Crossing«)

War Handsome Jack wahrscheinlich keine große Überraschung auf meiner Liste, ist es Tom Nook vermutlich umso mehr. Denn eigentlich wirkt der tapsige Waschbär aus Animal Crossing nicht gerade wie der typische Videospielbösewicht. Doch der Teufel steckt im Detail: Denn schließlich haut uns Nook zu Beginn des Spiels ordentlich übers Ohr und legt uns eine finanzielle Schuld auf, für die wir uns eine gefühlte Ewigkeit totschuften dürfen – quasi als sein persönlicher Sklave.

Tom Nook (Animal Crossing)

Dabei behandelt Nook uns das ganze Spiel über wie der letzte Dreck. Nachdem er uns betrogen hat – denn nichts anderes als Betrug ist seine Masche, mit er uns die schäbige Hütte aufgeschwatzt hat, zu der wir bei Beginn des Spiels wohnen –, zieht er uns kontinuierlich weiter das Geld aus der Tasche. Außerdem marschiert er regelmäßig und wann es ihm gerade passt in unser Haus. Dass er sich für seine Unverschämtheiten nicht ein einziges Mal entschuldigt, bringt das Fass zum Überlaufen und Nook einen Platz auf meiner Liste ein.

Great Mighty Poo (»Conker’s Bad Fur Day«)

Conker’s Bad Fur Day hatte eine ganze Reihe abgefahrener Bosskämpfe – aber der, der mir persönlich am meisten in Erinnerung geblieben ist, ist der gegen Great Mighty Poo, zu deutsch: der Großartige Mächtige Scheißhaufen. Der Great Mighy Poo war und ist für mich sowohl einer der besten Bösewichter als auch einer der besten Bosskämpfe aller Zeiten. Ich meine, ein Haufen Exkremente, der Opernarien singt und Conker in seinen eigenen Hintern (wo ist der eigentlich?) rammen will? Auf die Idee muss man erst mal kommen.

Dass wir den Great Mighty Poo dann auch noch besiegen, indem wir ihm das Maul mit Toilettenpapierrollen stopfen und ihn am Ende in der Toilette herunterspülen, hinterlässt bleibenden Eindruck. Ähnlich wie GLaDOS lebt der Great Mighy Poo aber auch zusätzlich durch seinen eigenen Song – wer dieses großartige Machwerk bislang verpasst hat, sollte YouTube einen Besuch abstatten und sich ein Video des Kampfes inklusive Scheißgesang anschauen.

Honorable Mentions: Ganon, Purpurtentakel, Kane

Jedes echte Ranking braucht ein paar Honorable Mentions, Nennungen, die es nicht auf die Liste geschafft, aber trotzdem ihren Platz an der Sonne verdient haben. Für mich sind das Ganon aus der Zelda-Serie, der zeigt, wie das reine Böse in einem Videospiel aussehen muss, das Purpurtentakel aus Day of the Tentacle, das einfach Kultcharakter genießt, und der glatzköpfige Kane aus Command & Conquer, der sinnbildlich als charismatischer Sektenanführer das verführerisch Böse verkörpert.

Key Art (Day of the Tentacle Remastered)