Key Art (The Legend of Zelda: Link’s Awakening)

Ein kurzes Anime-Intro. Wir sehen Link, den Helden von The Legend of Zelda: Link’s Awakening, wie er inmitten eines tosenden Sturms auf einem kleinen Boot gegen die aufbrandenden Wogen der See kämpft. Eine Insel gerät in Sicht. Doch da kentert unser Boot, das Bild wird schwarz. Kurze Zeit später beobachten wir den grün bemützten Matrosen dabei, wie er in dem für die Serie fast schon obligatorischen Bett erwacht, nachdem ihn ein nettes Mädchen und ihr Vater am Strand angespült aufgelesen haben. Zelda? Nein, sie sei nicht diese Zelda, von der Link redet – sie heiße Marin. Wie dem auch sei, wir sitzen jedenfalls auf dieser Insel fest – und zwar solange, bis wir einen ominösen Windfisch aus dem Schlaf erwecken, wie uns ein Uhu am Strand erklärt, nachdem wir dort unser Schwert wiedergefunden haben. Um den Windfisch aufzuwecken, benötigen wir aber erst einmal acht verschiedene Instrumente, die über acht verschiedene Dungeons auf der gesamten Insel verstreut sind …

Ihr merkt schon: Link’s Awakening für die Nintendo Switch orientiert sich bei der Story komplett an der Game-Boy-Vorlage, für den das Spiel ursprünglich im Jahr 1993 erschien – und folgt damit der typischen Zelda-Prämisse: Kämpfe dich durch eine Reihe von Gewölben, löse dabei allerlei Rätsel, finde neue Waffen und besiege am Ende das Böse beziehungsweise rette die Welt. Die Hintergrundgeschichte gewinnt also keinen Innovationspreis, bildet aber eine solide Basis für die Reise unseres Helden Links durch die zahlreichen Dungeons der Insel Cocolint.

Seit seinem Release zu Anfang der 1990er Jahre und dem Re-Release für den Game Boy Color im Jahr 1998 gilt The Legend of Zelda: Link’s Awakening vielen Serienfans und Videospielhistorikern als wegweisender Teil der Zelda-Serie, weil es diverse neue Gameplay-Elemente einführte, die die nachfolgenden Zelda-Titel signifikant prägten. Das Angelminispiel gab es beispielsweise ebenso zuallererst in Link’s Awakening wie die Möglichkeit, Items auf die Tasten A und B zu legen und unabhängig von Links Schwert zu nutzen. Außerdem spielt in Link’s Awakening der Schild eine bedeutendere Rolle als in den vorigen Serienteilen.

Links Erwachen auf der Switch: ein optischer Genuss

Als Nintendo im Rahmen einer Nintendo Direct im Februar 2019 eine Neuauflage von Link’s Awakening für die hauseigene Switch-Konsole ankündigte, reagierten viele Fans begeistert und zugleich skeptisch. Die cartooneske Optik des Trailers gefiel nicht allen Serienveteranen gleichermaßen. Ich für meinen Teil mochte den Look allerdings auf Anhieb – und meine Meinung hat sich mit der Release-Version keineswegs geändert, im Gegenteil.

Denn die liebevoll und detailreich gestaltete Knet-Optik des Spiels passt einfach perfekt zum etwas kuriosen Ambiente des Spiels, das eine Art Crossover der Welten von The Legend of Zelda und Super Mario bildet. Nintendo gelingt es auf diese Weise meiner Ansicht nach hervorragend, den Flair des Original-Link’s Awakenings einzufangen und die Top-Down-Zelda-Grafik mit der Mario-Knuddeloptik zu kombinieren. Auch auf technischer Seite gibt es Entwarnung: Denn während die gamescom-Demo im vergangenen August noch mit leichten Rucklern und Framerate-Einbrüchen zu kämpfen hatte, konnte ich davon in der Testversion sowohl im Handheld-Modus als auch auf dem Fernsehbildschirm nichts mehr feststellen.

Aber Link’s Awakening punktet nicht nur grafisch, sondern auch klanglich: Denn der eingängige Soundtrack dudelt gemütlich im Hintergrund und erreicht freilich nicht die bombastische Qualität eines Breath of the Wild – aber das muss sie auch gar nicht. Stattdessen fügen sich Grafik und Sound zu einem rundum gelungenen Gesamtwerk, das insbesondere Nostalgiefans begeistert.

Artwork; Insel (The Legend of Zelda: Link’s Awakening)

Die liebevoll und detailreich gestaltete Knet-Optik des Spiels passt einfach perfekt zum etwas kuriosen Ambiente des Spiels.

Geh in den Dungeon, lös das Rätsel, besieg den Boss

Link’s Awakening folgt neben der reinen Story auch beim gesamten Spielaufbau und beim Gameplay strikt der Vorlage (von der Ausnahme abgesehen, dass es den geheimen Bonus-Dungeon Labyrinth der Farben nur in der Version für den Game Boy Color gab). Wir kämpfen uns in einer vorgegebenen Reihenfolge durch Dungeon um Dungeon und nehmen den jeweiligen Bossen ein Instrument nach dem anderen ab, bis wir alle acht Instrumente gesammelt haben und dem Endboss des Spiels gegenübertreten dürfen.

Die Switch-Version bietet hier keine Überraschungen. Wir erledigen Boss um Boss in einem Dungeon nach dem anderen, schalten dabei immer neue Items frei, die uns in gewohnter Zelda-Manier neue Wege eröffnen und besiegen nebenbei jede Menge fiese Monster – die übrigens sowohl aus dem Zelda- als auch dem Super Mario-Universum stammen. Nebenbei dürfen wir uns beim Angeln versuchen oder uns mit einem Greifhaken-Minispiel ein paar Rubine verdienen.

Die Dungeons sind allesamt einfallsreich gestaltet und bieten jede Menge interessante Rätsel, von denen sich einige aber nur durch Trial and Error lösen lassen. Das kann unter Umständen frustrieren. Ein Beispiel: In einem Dungeon müssen wir orange- und blaufarbene Blöcke bewegen, indem wir einen Kristall mit unserem Schwert treffen. Zeigt der Kristall die Farbe blau, heben sich die blauen Blöcke. Schlagen wir gegen den Kristall, ändert er seine Farbe zu orange und die blauen Blöcke senken sich ab, während die orangefarbenen aus dem Boden kommen. In einem Fall steht der Kristall diagonal hinter zwei anderen Blöcken, sodass wir ihn nicht direkt erreichen können. Ein Feuerball schwebt durch den Raum. Oben befindet sich ein weiterer Kristall, für den wir aber in einen anderen Bildschirm laufen müssen. Betätigen wir den zweiten Kristall, können wir dafür sorgen, dass der Feuerball im unteren Bildschirm bleibt. Anstatt dass der Feuerball aber gegen den ersten Kristall läuft, wie ich es mir anfangs als des Rätsels Lösung erdacht hatte, müssen wir uns schräg zwischen die beiden Blöcke stellen, die den Kristall blockieren und dann mit dem Schwert dagegen schlagen, sodass er die Farbe ändert. Ich habe das erst herausgefunden, nachdem ich völlig frustriert diverse Male durch den Dungeon zurückgelaufen bin, um nachzuschauen, ob ich irgendwo etwas übersehen hatte.

Solche Rätsel, deren Lösung sich nicht durch logisches Denken zu erschließen scheint, gibt es in Link’s Awakening leider immer mal wieder – und mir persönlich haben sie bisweilen den Spielspaß ein wenig verdorben. Darüber hinaus gleichen sich die Dungeons auch optisch ziemlich stark, sodass man sich an den zahlreichen Gängen relativ schnell sattgesehen hat. Für etwas Abwechslung sorgen aber die vereinzelt eingestreuten Jump’n’Run-Passagen in 2D-Optik. Die sind dem Super Mario-Vorbild entlehnt, fallen aber ziemlich einfach aus und lockern das Spielgeschehen ganz nett auf.

Auf der anderen Seite punktet Link’s Awakening aber wie auch schon das Original mit kreativen Bosskämpfen. Die fallen in den ersten paar Dungeons vielleicht für Serienveteranen noch ein wenig zu leicht, machen aber wegen der individuellen Kampfmechaniken durchaus Laune und motivieren durchweg. Der Schwierigkeitsgrad zieht später auch immer weiter an, wobei die Lernkurve bei den Kämpfen durchweg angenehm gleichmäßig zunimmt.

Angekettete Kanonenkugel (The Legend of Zelda: Link’s Awakening)

Fazit: ein Fest für »Zelda«-Fans – mit kleinen Schwächen

Ich muss zugeben: Ich erinnere mich kaum noch an die Originalversion von Link’s Awakening für den Game Boy. Ein Freund von mir besaß das Spiel und wir haben es zusammen mit dem Game Boy Adapter im SNES gezockt – aber abgesehen davon, dass das Spiel ein etwas seltsames Cross-over mit dem Super Mario-Universum darstellte, wusste ich praktisch nichts mehr über diesen Zelda-Ableger, bevor ich die Switch-Version in die Hand nahm – geschweige denn, dass ich mich noch an die Rätsel erinnern konnte.

Link’s Awakening zeigt, wie erstaunlich gut das Spielprinzip des mittlerweile 26 Jahre alten Titels gealtert ist.

Dementsprechend jungfräulich bin ich dann auch an Links neuesten Switch-Auftritt herangegangen. Die Optik und die gesamte Atmosphäre haben mich als alten Zelda-Fan sofort wieder begeistert und ich habe Link’s Awakening ausgesprochen gerne gespielt. Link’s Awakening zeigt, wie erstaunlich gut das Spielprinzip des mittlerweile 26 Jahre alten Titels gealtert ist. Die Zelda-Formel, wenn man sie denn so nennen möchte, funktioniert eben auch heute noch.

Allerdings verfehlt Link’s Awakening in einem Punkt den Zeitgeist von 2019: Denn einige Rätsel können doch ziemlich schnell frustrieren, wenn man keine Lust auf müßiges Trial and Error hat. Insbesondere Neueinsteiger könnten sich daran stören, dass Link’s Awakening den Spieler sehr wenig an die Hand nimmt und kaum Dinge erklärt. Ich muss auch hier gestehen, dass mich dieser Punkt, gepaart mit (trotz des Teleport-Systems) teils langen Laufwegen, manchmal doch ganz schön genervt hat. Vielleicht bin ich zu verwöhnt von modernen Action-Adventures, die mir mit blinkenden Symbolen und ausführlichsten Questtexten fast schon brutal die Nase draufstoßen, was ich als Nächstes tun oder wohin ich gehen muss. Und auf der anderen Seite hätte Nintendo vermutlich viele eingefleischte Zelda-Fans verärgert, wenn die Entwickler Link’s Awakening mit mehr Spielerführung ausgestattet, dadurch aber den Charme der Vorlage verwässert hätten. In diesem Sinne bleibt mir nur festzuhalten: Wer damit leben kann, dass man an der ein oder anderen Stelle vielleicht mal hängen bleibt oder einen Blick in eine Komplettlösung werfen muss, bekommt ein rundum exzellentes Zelda-Spiel mit Nostalgie-Bonus, das die Wartezeit auf den Breath of the Wild-Nachfolger ganz ordentlich versüßt.