Key Art; Blau (Borderlands 3)

Wenn ich meine fünf Lieblingsvideospiele aller Zeiten nennen müsste, bin ich mir aktuell sicher: Borderlands 2 würde mit Sicherheit einen Platz in dieser Liste einnehmen. Von dem Moment an, wo ich den Shooter zum ersten Mal auf der gamescom in Köln anspielen durfte, zog mich Borderlands 2 in seinen Bann – und zwar so sehr, dass ich mir sogar die eigentlich völlig überteuerte Collector’s Edition namens Ultimative Beutekiste zulegte.

Demgegenüber konnte mich Borderlands: The Pre-Sequel nicht so sehr begeistern, auch wenn ich mit diesem dritten Teil der Serie ebenfalls eine Menge Spaß hatte. Aber irgendwie fehlte das gewisse Etwas, das Salz in der Suppe, welches Borderlands 2 zu dem Ausnahmetitel gemacht hatte, das es war.

Umso mehr fieberte ich dem Release von Borderlands 3 entgegen, das auf seine offizielle Ankündigung lange warten musste, um dessen Entwicklung aber schon seit Jahren Gerüchte kursierten. Als Gearbox das Spiel dann endlich der Öffentlichkeit präsentierte, konnte ich mich vor Begeisterung kaum auf meinem Stuhl halten, während ich im Livestream von der Pax den bombastischen Trailer anschaute, der mein Grinsen mit jeder Sekunde breiter werden ließ. Kurzum: Ich habe schon lange nicht mehr einem Spiel so sehr entgegengefiebert wie Borderlands 3 – und dementsprechend hoch dürfte auch die Fallhöhe ausfallen, die Wahrscheinlichkeit, dass Gearbox meine Erwartungen am Ende vielleicht doch nicht erfüllt.

Aber was sind das eigentlich für Erwartungen? Welche Bestandteile braucht Borderlands 3, um als würdiger Nachfolger durchgehen zu können? Meiner Meinung nach muss Gearbox für einen geschmackvollen Shooter-Eintopf grundlegende Zutaten hinzufügen: Humor, abstruse Quests und vor allem ein hervorragendes Gunplay.

In Bezug auf Letzteres, sprich die Gameplay-Basis eines jeden guten Shooters, mache ich mir grundsätzlich wenig Sorgen. Hier haben die Entwickler bereits mit Borderlands 2 bewiesen, dass sie wissen, wie sich ein Shooter in seiner Reinform anfühlen muss. Das motivierende Lootsystem und die kuriosen Waffeneffekte dürften ihr übriges dazu beitragen, dass uns auch in Borderlands 3 wieder eine spaßige Ballerei erwartet.

Anders sieht es in puncto Humor und Questdesign aus: Hier kann sich Gearbox nicht einfach auf den Ideen der Vorgängerspiele ausruhen, sondern hat deutlich mehr Kreativarbeit vor sich. Zwar haben die Entwickler bereits angekündigt, dass beliebte Charaktere wie Tiny Tina auch in Borderlands 3 eine Rolle spielen werden – und wer den Vorgänger gespielt hat, weiß, dass die Questreihe der psychotischen Bombenbauerin rund um den Tundra Express zu den Highlights von Borderlands 2 gehört. Doch das garantiert nicht automatisch, dass Gearbox erneut ein derart großer Wurf gelingt, auch wenn Tiny Tina mit Sicherheit eine gute Grundlage darstellt.

Zudem dürfte es den Entwicklern schwer fallen, einen ikonischen Bösewicht wie Handsome Jack zu toppen – die beiden neuen Fieslinge Troy und Tyreen müssen jedenfalls riesige Fußstapfen ausfüllen. Aktuell wissen wir noch nicht viel über ihren Hintergrund in der Story von Borderlands 3. Fest steht nur, dass sie einen brutalen Kult anführen, der möglicherweise die Kontrolle über das sogenannte Eridian Artefakt erlangen will.

Zugegebenermaßen war die Story an sich keine große Stärke von Borderlands 2, weshalb ich auch nicht erwarte, dass sich das mit dem Nachfolger ändert. Trotzdem bot der Shooter jede Menge interessanter Charaktere. Die Rückkehr von Tiny Tina macht zumindest Hoffnung darauf, dass Gearbox zumindest wieder die ein oder andere abstruse Nebenquestreihe geplant hat. Wenn dann auch noch Troy und Tyreen als Antagonisten funktionieren und die Entwickler andere skurrile Nebenfiguren ins Spiel einbauen – wie zum Beispiel Sir Hammerlock –, dann braucht Borderlands 3 gar keine tiefschürfende Hintergrundgeschichte. Die Entwickler müssen stattdessen in einer dystopischen, abstrusen Spielwelt für Unterhaltung sorgen, indem sie sich auf die Charaktere konzentrieren anstatt auf die Rahmenhandlung des Spiels.

Damit die Charaktere funktionieren, muss Gearbox sie allerdings mit ähnlich kuriosen Quests ausstatten. Dass wir wahrscheinlich wieder jede Menge Aufgaben erwarten können wie »Gehe dahin und töte 20 Banditen« oder »Lege den Schalter um und lass dich nicht vom Boss töten«, liegt auf der Hand. Aber in Borderlands 2 gelang es Gearbox oft genug, selbst derartige Standardkost in eine geschmackvolle Hülle zu verpacken. Nehmen wir als Beispiel wieder die Questreihe von Tiny Tina beim Tundra Express: Tina will eine Teeparty veranstalten und wir sollen ihre Gäste »abholen«. Was im Kern eigentlich eine klassische Escort- beziehungsweise Bring-Quest darstellt, nimmt bei der szenischen Gestaltung derart abstruse Ausmaße an, dass wir schnell vergessen haben, was für ein simples Questdesign hier eigentlich am Werk ist.

Inhalte wie laufende Waffen (!) sprechen eine eindeutige Sprache

Doch genau darin bestand eine der wesentlichen Stärken von Borderlands 2. Der Humor und die skurrilen Charaktere trugen das teilweise repetitive Gameplay und motivierten abseits der reinen Lootmechaniken und der Jagd nach immer besseren Items. Diablo als Shooter mit skurrilem Humor – was will man mehr? Aber deshalb tritt Borderlands 3 eben auch ein anspruchsvolles Erbe an. Gelingt es Gearbox nicht, an das grundlegende Konzept von Borderlands 2 anzuknüpfen und sich bei der Entwicklung darauf zu konzentrieren, einen Nachfolger ohne Experimente und dafür mit neuen Waffen, Fähigkeiten, Gegnern und Spielgebieten abzuliefern, könnte Borderlands 3 sich tatsächlich als Enttäuschung entpuppen.

Trotzdem bleibe ich optimistisch: Denn das bisher gezeigte Gameplay, die Grafik und Inhalte wie laufende Waffen (!) sprechen eine eindeutige Sprache. Außerdem beweist die erwachsene Tiny Tina: Gearbox hat die Fans gehört und setzt auf bekannte und bewährte Inhalte – vielleicht (oder hoffentlich) nur noch ein wenig übertriebener und abstruser als in Borderlands 2.

Borderlands 3 erscheint am 13. September für PlayStation 4, Xbox One und PC.