Artwork; Mädchen springt auf der Flucht vor Ratten (A Plague Tale: Innocence)

Alles beginnt friedlich und idyllisch in A Plague Tale. Die junge Amicia ist mit ihrem Vater unterwegs, ihr Hund an der Seite. Es werden Geschichten erzählt und die Umgebung sieht einladend aus. Doch dann nimmt für die französische Familie das Unheil seinen Lauf. Der Hund stirbt im Wald auf mysteriöse Weise und die Engländer drohen das Land ins Chaos zu stürzen. Obendrein geht die Pest um und die Inquisition schlägt mit aller Härte zu. Amicia muss in den ersten Stunden bereits viel Schreckliches mit ansehen. Gleiches gilt auch für ihren jungen Bruder Hugo. Ohne Heim und ohne Familie begibt sich das Geschwisterpaar im Jahr 1348 in Frankreich auf die Flucht.

»The Last of Us« im Mittelalter?

Die Entwickler von Asobo schaffen dabei etwas, dass nur wenigen gelingt. Bereits in den ersten Minuten fühlen wir mit Amicia und Hugo, beide sind sympathisch und keine typischen Helden-Figuren. Mit wenigen Sätzen binden uns die Entwickler an das Schicksal des Geschwisterpaars. Was nicht einfach ist, wenn man bedenkt, dass Amicia den kleinen Hugo fast über das gesamte Spiel an der Hand führt. Hugo ist dabei aber nicht nerviger Ballast, sondern ein wirklich süßer kleiner Bruder, der obendrein mit einer schweren Krankheit zu kämpfen hat und Amicia dennoch hin und wieder hilfreich zur Seite steht.

Im Kern ist A Plague Tale ein Stealth-Abenteuer, in dem der Kampf nie im Vordergrund steht. Amicia kann Steine zur Ablenkung einsetzen und mit ihrer Schleuder notfalls auch Feinde ausschalten. Geräusche sollten aber tunlichst vermieden werden, genauso wie die Dunkelheit. Die Inquisition und feindliche Soldaten sind für die Geschwister nämlich nur ein Teil der Gefahr. Die zweite Hauptrolle nehmen Hunderte, wenn nicht Tausende von Ratten im Spiel ein.

Das Licht ist nicht immer unser Freund

Die Ratten-Schwärme sind fast immer tödlich für Amicia und ihre Begleiter. Lediglich Feuer und Licht hält die kleinen Monster zurück. Überall in der Welt sind Leichenberge aus Menschen und Tieren verstreut. Sowohl ländliche Gegenden als auch Schlachtfelder, Dörfer und Städte sind übersät von Leichen, Elend und der Pest.

Geschwister im Meer von Ratten (A Plague Tale: Innocence)

Brennende Holzstücke helfen kurzfristig, dauerhaften Schutz liefern aber nur Fackeln oder andere permanentere Lichtquellen. Licht ist dabei aber nicht immer nur der Freund von Amicia und Hugo, denn die menschlichen Gegner machen uns abseits von hohen Gräsern schnell aus. Hier nutzen wir dann die Ratten selbst, in dem wir mit unserer Schleuder die Laternen der Soldaten ausknipsen.

A Plague Tale führt dabei immer wieder neue Mechaniken ein, weshalb das Stealth-Abenteuer nicht langweilig wird. Es gibt neue Gegnertypen, Alchemie-Mittelchen, um Feuer zu machen oder um für kurzzeitige Ablenkung zu sorgen. Manchen Feinden müssen wir mit einer Mixtur erst dazu bringen, sich den Helm vom Kopf zu reißen, bevor wir sie ausschalten können.

Auch die unterschiedlichen Begleiter spielen eine Rolle. Da ist der Sohn des Schmieds, welcher Feinde von hinten ausschalten kann oder der kleine Bruder, der durch Engstellen kommt, welche für Amicia nicht passierbar sind.

Artwork; Amicia mit Hugo (A Plague Tale: Innocence)

Mit wenigen Sätzen binden uns die Entwickler an das Schicksal des Geschwisterpaars.

Die Details machen das Spiel besonders

Bei ersten Gameplay-Videos hatte ich bezüglich A Plague Tale noch meine Bedenken. Nutzt sich das Konzept schnell ab? Nein und das liegt an den vielen Optionen, die das eigentlich streng lineare Spiel liefert. Umgehe ich Feinde, nutze ich die Umgebung? Setze ich meine Waffen ein, um doch noch die Truhe neben dem Soldaten zu öffnen? Auch bewegliche Lichtquellen helfen dabei, etwas frischen Wind in den Stealth-Alltag zu bringen.

Beim Crafting und Ressourcen-Management bleibt A Plague Tale allerdings sehr rudimentär. Wir finden stets genügend Steine und Zutaten, sodass uns nie wirklich die Mittel zum Schleichen oder Kämpfen ausgehen. Wer die Augen offen hält, findet genug Extras, um seine Schleuder zu verbessern und die Beutel zu vergrößern. Ein paar Sammel-Gegenstände gibt es obendrein, es lohnt sich also auf Erkundungstour zu gehen.

Neben der gelungenen Story und den Charakteren, haben mir persönlich die liebevollen Details an A Plague Tale gefallen. Verstecken wir uns im hohen Gras und sind dabei sehr nah an einem Soldaten, atmet Amicia immer heftiger, was sogar dazu führen kann, dass man uns entdeckt. Das ist nur eines von vielen kleinen Details, die den Titel so besonders machen und von der Masse positiv abheben.

Auch technisch hinterlässt A Plague Tale eine gute Figur. Abgesehen von einigen etwas hakeligen Animationen, begeistert das Spiel mit wunderschöner Grafik, sehenswerten Lichtstimmungen und einem grandiosen Soundtrack. Die perfekte Stimmung kommt eigentlich nur in Französisch auf, aber da ich mich nicht komplett auf Untertitel verlassen wollte, habe ich dann doch auf Englisch zurückgegriffen. Auch eine komplette deutsche Vertonung gibt es, was für einen eher kleinen Titel im Preisbereich von 40 Euro alles andere als selbstverständlich ist.

Fazit: Bevor das große Sommerloch bei den Spielen ansteht, beschert uns das französische Studio Asobo noch einmal einen kleinen Geheimtipp. A Plague Tale: Innocence ist ein wunderschönes Stealth-Abenteuer mit guter Story und liebenswerten Charakteren. Wer ohne große Action auskommen kann und mit durchaus gruseligen Ratten und deren Geräuschen kein Problem hat, der sollte unbedingt einen Blick auf dieses Spiel werfen.