Key Art (The Division 2)

Ich kauere hinter einem schicken Oldtimer-Auto, während Projektile auf die Karosserie einprasseln. Irgendwie habe ich ein schlechtes Gewissen, denn ich hätte ja auch hinter einem der vielen Schilder Schutz suchen können, die hier im Museum herumstehen. Dann wäre die schöne Karre noch heil. Die Schützen sind schwer auszumachen, weil ich mich in einer ungünstigen Position befinde. Ich bewege mich vorsichtig in Richtung Heck und kann nun einen Schützen sehen, der sich auf der Ladefläche eines alten Lastwagens verschanzt. Mit zwei gezielten Schüssen schalte ich ihn aus.

Gerade als ich meine Deckung verlasse, stürmt ein dick gepanzerter Typ in mein Sichtfeld und zaubert ein Automatikgeschütz aus dem Hut. Das verdammte Ding gibt ihm Feuerschutz und nagelt mich hinter einer Mauer fest. Der Typ hat sich ziemlich schlau positioniert und lässt mich nicht aus der Schusslinie. Mir bleibt nur die Flucht nach vorn, also setze ich eine zielsuchende Mine auf dem Boden ab. Während diese auf meinen Gegner zurollt, werfe ich eine Granate in Richtung des Geschützes und renne los. Die Mine explodiert, die Granate ebenfalls und ich komme nahe genug heran, um den Penner mit meiner Schrotflinte zu vernichten. Anschließend mache ich seine Selbstschussanlage platt und bewege mich weiter in Richtung Missions-Marker.

Im Regen auf einer verlassenen Straße (The Division 2)

Nun komme ich in den Teil des Museums, der sich offensichtlich dem Vietnam-Krieg widmet. Überall Bambus und Soldatenpuppen in alten GI-Uniformen. Sogar die Klangkulisse passt, denn aus den Museumslautsprechern dröhnt der charakteristische Sound alter Huey-Helikopter. Allerdings stimmt etwas nicht. Es sind verdächtig wenige Terroristen, die mich vom Ausgang trennen. Ich schalte die traurigen Gestalten problemlos aus, als plötzlich eine Explosion den Raum erschüttert. War das echt oder kam der Knall aus den Lautsprechern? Die Frage klärt sich von selbst, denn ein respekteinflößender Boss mit Granatenwerfer stapft geradewegs auf mich zu. Ich gerate in Panik und fünf Sekunden später bin ich tot. Als feiges Schwein rufe ich per Knopfdruck andere Agenten der Division zu Hilfe. Warum sollte ich mich dem fiesen Granaten-Boss alleine stellen, wenn es eine komfortable Koop-Funktion gibt?

Kein Gruppenzwang

Diesen nahtlosen Wechsel zwischen Einzelspieler- und Mehrspieler-Spaß, halte ich für konkurrenzlos. Ich selbst bin kein Multiplayer-Freund und zocke sogar Destiny 2 ausschließlich solo, aber hier ist alles so schön unkompliziert, sodass ich immer wieder mit menschlichen Mitstreitern in die Schlacht ziehe. Es macht einfach Spaß und nervt nicht mit bescheuerten Restriktionen. BioWares Anthem beamt Spieler sofort zur Gruppe zurück, wenn sie sich zu weit von ihr entfernen, doch The Division 2 lässt uns einfach in Ruhe zocken. Während meine Team-Kameraden einen feindlichen Stützpunkt hochnehmen, falle ich zurück, um ein Fragezeichen auf der Karte näher zu inspizieren. Es entpuppt sich als Propaganda-Lautsprechersystem, das ich unbedingt deaktivieren sollte. Ich erledige den Job und schließe mich anschließend wieder meiner Gruppe an. So muss das sein!

Frau von hinten (The Division 2)

Diesen nahtlosen Wechsel zwischen Einzelspieler- und Mehrspieler-Spaß, halte ich für konkurrenzlos.

Übrigens ist Washington als Schauplatz echt der Wahnsinn und selbst nach über 20 Stunden bleibe ich immer wieder stehen, um mich am krassen Anblick der dystopischen Welt zu ergötzen. Die Spielumgebung wirkt deutlich lebendiger, abwechslungsreicher und interessanter als die Open World des Vorgängers. Überall auf der Map finden sich kleine Events, die euch mit unterschiedlichen Aufgaben konfrontieren. Neben der bereits erwähnten Propaganda-Lautsprecher gibt es beispielsweise auch öffentliche Hinrichtungen, die ihr verhindern müsst. Außerdem jede Menge Loot und Sammelgegenstände. Das hat mich fast ein bisschen an The Legend of Zelda: Breath of the Wild erinnert, weil Link bei der Erkundung von Hyrule auch ständig über Dinge stolpert, die seine Neugierde wecken.

Im Dienst der Gesellschaft

Washington wird von drei Fraktionen terrorisiert und in erster Linie geht es in der Story darum, diese brutalen Verbrecher zurückzudrängen. Statt euch zum strahlenden Helden hochzustilisieren, widmet sich die Geschichte eher eurer Aufgabe und diese ist es, für Recht und Ordnung zu sorgen. Natürlich müsst ihr dabei möglichst viele Bad Guys perforieren, aber ihr könnt euren Mitmenschen auch auf friedliche Weise helfen. Beispielsweise durch das Spenden von Ressourcen, die den Überlebenden ermöglichen, sichere Zonen auf- und auszubauen. Das bringt vielleicht keinen gravierenden spielerischen Vorteil mit sich, aber es unterstreicht auf coole Art, dass sich euer Handeln positiv auf die Gesellschaft auswirkt.

Ich habe die Einzelspieler-Kampagne noch nicht beendet, weil The Division 2 extrem viele Aktivitäten bereithält und ich möglichst viele Events und Modi ausprobieren wollte. Ich musste unter anderem den Zugang zu lebensnotwendigen Ressourcen sichern, Schlüsselpersonen retten, und immer wieder Zivilisten-Milizen in der offenen Spielwelt unterstützen. Zusätzlich habe ich einige Runden im reinen PvP-Modus »Conflict« gedreht und dabei kein Land gesehen. Das liegt aber nicht am Spiel, sondern an meinen mangelnden Skills. Generell kommt mir das Waffen-Handling, im Vergleich zum Vorgänger, etwas tighter und knackiger vor. Die Unterschiede der Knarren sind deutlicher spürbar, finde ich.

The Division 2 präsentiert sich bereits zum Launch deutlich ausgereifter und abwechslungsreicher als sein Vorgänger.

Fazit: The Division 2 übertrifft all meine Erwartungen. Ich erledige die zahlreichen Aufgaben nicht nur, weil ich den Loot brauche, sondern weil sie mir eine Menge Spaß bereiten. Die Spielwelt ist interessant und genauso abwechslungsreich wie das Gameplay. In meinen über 20 Spielstunden habe ich mich kein einziges Mal gelangweilt und was besonders erstaunlich ist: Ich musste mich über keine Bugs ärgern. Ob auch das Endgame überzeugen kann, wird sich zeigen, aber The Division 2 präsentiert sich bereits zum Launch deutlich ausgereifter und abwechslungsreicher als sein Vorgänger nach dem x-ten Content-Update. Leider kam ich noch nicht dazu, die Dark Zone zu testen, aber die entsprechenden Verbesserungen konnte man ja bereits in der Beta-Version beschnuppern.