Siegerehrung (IEM Katowice)
© Adela Sznajder/ESL

Wenn in Deutschland über eSports diskutiert und geschrieben wird, geht es häufig um die internationalen Turniere, große Preisgelder und Millionen Zuschauer. Übersehen wird dabei jedoch häufig das Potenzial von eSports als Brückenbauer zwischen Digitalisierung und klassischer Sportwelt.

Wie groß dieses Potenzial ist, zeigte erst zuletzt die eSports-Studie der Deutschen Sporthochschule Köln, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung der AOK Rheinland/Hamburg entstanden ist. Zu den wesentlichen Ergebnissen gehörte, dass »die überwiegende Mehrheit der Befragten jung, schulisch gut gebildet und sportlich aktiv ist: Rund 84 Prozent der Befragten betreiben zusätzlich zu ihrem eSports-Engagement klassischen Sport.« Oder anders gesagt: Die Hobby-eSportler sind auch gerne fernab von Maus und Tastatur sportlich unterwegs.

Ebenso interessant ist ein anderer Befund von Prof. Dr. Ingo Froböse, Leiter des Instituts für Bewegungstherapie sowie bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation:

»Der Rest verfolgt das Prinzip ›Viel hilft viel‹ und hofft, allein durch häufiges Spielen besser zu werden. Ganzheitliche Ansätze, die auch ein Training abseits des Computers beinhalten, finden wir nur vereinzelt wieder.«

Hier vergeben wir derzeit eine große Chance! Denn eSports hat sich in Deutschland längst zum Breitensport entwickelt. Knapp jeder zehnte Gamer in Deutschland hat schon selbst als Spieler an eSports-Turnieren und -Ligen teilgenommen. Das sind mehr als 4 Millionen Menschen. Und sogar ein Engagement in einem eSports-Verein ist für viele Gamer heute denkbar. Jeder vierte Spieler in Deutschland kann sich vorstellen, sich in einem eSports-Verein zu engagieren. Das entspricht 10 Millionen Menschen!

Wir haben also einerseits Millionen junger Menschen, die sich nur allzu gerne als Hobby-Athleten in eSports engagieren, dabei aber keinen strukturierten Trainingsansatz verfolgen. Und wir haben andererseits eine dichte Struktur an lokalen Sportvereinen, von denen sich immer mehr mit Nachwuchssorgen plagen. Was liegt da näher, als beide Welten näher zusammenzubringen?

Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist, dass der digitale Sport als gemeinnützig anerkannt wird. Denn die Anerkennung der Gemeinnützigkeit von eSports, wie sie bereits im Regierungsprogramm von CDU, CSU und SPD enthalten ist, würde helfen, klassische und digitale Sportwelt miteinander zu verbinden. Die Integration von eSports-Sparten würde dann für lokale Sportvereine deutlich leichter. Die Spieler würden im Gegenzug strukturiert trainieren, wozu neben dem Training an der Tastatur auch das an der Hantelbank oder auf der Laufbahn zählen würde. Digitale und klassische Sportwelt würden miteinander sinnvoll verwachsen. Daher ist es auch wichtig, dass sich die Sportverbände, ob DFB oder DOSB, eSports weiter öffnen und es proaktiv gestalten wollen. Es ist eine einmalige Chance für Sportvereine und eSports-Athleten gleichermaßen!

Umso wichtiger ist deshalb, dass wir in Deutschland endlich die Rahmenbedingungen schaffen, damit lokale Sportvereine dieses Potenzial nutzen können

Die Ergebnisse der eSports-Studie sprechen eine eindeutige Sprache: Der digitale Sport ist längst ein Breitensport, dessen Potenziale wir derzeit allerdings brachliegen lassen. Er hat das Potenzial, die Brücke zwischen Digitalisierung und klassischer Sportwelt zu schlagen. Umso wichtiger ist deshalb, dass wir in Deutschland endlich die Rahmenbedingungen schaffen, damit lokale Sportvereine dieses Potenzial nutzen können. Die Hobby-Athleten des eSports würden durch eine Trainingsstruktur ebenso davon profitieren wie die einzelnen Vereine von einer wachsenden Mitgliedschaft.