Zwei Gegner (Far Cry New Dawn)

Ubisofts Far Cry New Dawn ist keine reine Fortsetzung von Far Cry 5, obwohl es darauf aufbaut und sogar ein Wiedersehen mit bekannten Locations bietet. Irgendwie ist es eine Mischung aus Erweiterung und Spin-off. Ich fand Far Cry 5 zu Beginn sehr gut, allerdings verließ mich nach einigen Stunden die Motivation. Es bombardierte mich mit Map-Markern, Neben-Quests und Sammelaufgaben, aber irgendwie fühlte sich alles gleich an. Genau aus demselben Grund habe ich auch Far Cry 4 nie durchgespielt. New Dawn bietet glücklicherweise ein paar neue Mechaniken, die es meiner Meinung nach zu einem besseren Spiel machen.

Zur Story: Wie eingangs erwähnt, kehrt ihr 17 Jahre nach der atomaren Verwüstung ins schöne Hope County zurück. Mittlerweile hat sich die Natur wieder einigermaßen erholt, doch es existieren immer noch verstrahlte Gebiete, die ihr meiden solltet. Für die Überlebenden beginnt wieder ein normales Leben, das von Hoffnung, Wiederaufbau und Landwirtschaft geprägt ist. Das Leben könnte so schön sein, wenn da nicht die sogenannten Highwaymen wären. Die motorisierten Vandalen ziehen plündernd und mordend durchs Land. Angeführt werden sie von den durchgeknallte Zwillingsschwestern Mickey und Lou, die wie Mumble-Rapperinnen aussehen und auch sonst sehr unsympathisch wirken. In einer Szene drücken sie einem kleinen Jungen sogar eine entsicherte Handgranate in die Hände.

Mensch mit Hund (Far Cry New Dawn)

Far Cry New Dawn ist ein verdammt unterhaltsamer Ableger, der sich keine groben Fehler leistet.

Die ganze Konstellation erinnert mich ein wenig an The Walking Dead. Da werden die Überlebenden der Zombie-Apokalypse vom skrupellosen Negan sowie seiner Truppe (The Saviors) unterdrückt und ausgebeutet. Genau wie Negan, gehen die Zwillingsschwestern über Leichen, wenn es darum geht, die eigenen Interessen durchzusetzen. Eure Aufgabe ist es, die Highwaymen zu zerschlagen, ihre Außenposten zu übernehmen und gleichzeitig die eigene Basis auf- und auszubauen. Damit kommen wir schon zu den spielerischen Neuerungen, die Far Cry New Dawn von anderen Teilen der Serie unterscheiden.

Looten, Craften und Basisbau

Zu Beginn ist eure Basis nicht viel mehr als ein Haus, das von einer Baustelle umgeben ist. Um das Camp aufzuwerten, benötigt ihr Spezialisten, Baustoffe und vor allem Ethanol. Die Spezialisten sind überall auf der Karte verstreut und müssen in der Regel mit Waffengewalt befreit werden. Manchmal müsst ihr etwas Überzeugungsarbeit leisten, bevor sich die Experten dazu entschließen, euch zu unterstützen. Beispielsweise bittet euch eine blinde Frau, ein Hyghwaymen-Camp zu attackieren und eine Waffe zurückzuholen, die ihr gestohlen wurde. Manche Spezialisten sind wichtig, weil ihr sie als Begleitpersonen auswählen könnt, die euch Feuerschutz geben. Genau wie in Far Cry 5 verfügen sie über spezielle Stärken. So ist zum Beispiel der Scharfschütze ein idealer Begleiter, wenn ihr ein gegnerisches Camp erobern und Wachposten aus der Entfernung ausschalten möchtet. Es gibt aber auch Spezialisten, die euch beim Wiederaufbau der Basis helfen und da wird’s richtig interessant.

Eine Wache vor Lager (Far Cry New Dawn)

Eure Basis ist in Sektionen aufgeteilt, die ihr in mehreren Stufen ausbauen könnt. In der Trainingssektion halten sich eure Begleiter fit und verbessern ihre Fähigkeiten. In der anderen Ecke steht eine Waffenwerkbank, die es euch gestattet, gesammelten Schrott in Waffen zu verwandeln und so weiter. Die dafür benötigten Materialien findet ihr überall auf der Welt, aber vor allem in gegnerischen Außenposten und gut gesicherten Bunkern. Letztere muss ich besonders hervorheben, denn hier haben sich die Entwickler einige nette Dinge einfallen lassen. Um Zugang zu den Bunkern zu erhalten, müssen nicht nur Schlüssel gefunden oder Schalter aktiviert werden – manchmal erwarten euch wirklich coole Rätsel. Beispiel: Am Ende eines kleinen Ganges befindet sich eine verschlossene Tür und an den Wänden hängen Fischtrophäen. Ich berühre einen der Fische und werde von Flammen gegrillt. Also untersuche ich die Umgebung erneut, verschaffe mir Zugang zu einer mit Brettern verbarrikadierten Hütte und finde ich eine seltsame Kunstinstallation mit Fischthematik. Bestimmt verrät sie mir, in welcher Reihenfolge die Fische im Bunker aktiviert werden müssen! Über solche witzigen Details stolpert man in der Welt von Far Cry New Dawn immer wieder.

Ballern wie gehabt

Der ganze Looting- und Crafting-Kram macht wirklich Spaß, aber nach wie vor verbringt ihr den Großteil eurer Zeit mit Schießereien. Hier hat sich nicht viel verändert, vom Waffenarsenal mal abgesehen. 17 Jahre nach dem Atomkrieg existiert keine Waffenindustrie mehr, deshalb wirken die meisten Wummen zusammengeflickt und grobschlächtig. In dem ihr die Waffenbank eures Camps aufwertet, schaltet ihr neue Klassen mit verbesserten Eigenschaften frei. Eine der coolsten Waffen ist ein Sägeblattwerfer und den erhaltet ihr glücklicherweise sehr früh im Spiel. Wie der Name bereits vermuten lässt, verschießt ihr damit Sägeblätter, die gleich mehrere Gegner ausschalten, wenn diese nahe genug zusammenstehen. Feinde gibt es nun auch in verschiedenen Qualitätsstufen und das verleiht New Dawn ein dezentes RPG-Flair. An diese Typen solltet ihr euch erst heranwagen, wenn ihr eure Waffen und Skills entsprechend verbessert habt.

Wie ihr eure Gegner dezimiert, bleibt wie immer euren Vorlieben überlassen. Ihr könnt feindliche Einrichtungen mit dem Fernglas ausspähen, Gegner markieren und lautlos ausschalten. So lassen sich komplette Außenposten erobern, ohne Alarm auszulösen. Genauso ist es aber möglich, mit dem Raketenwerfer einzumarschieren und richtig schön Welle zu machen. Das gute Gunplay ist nach wie vor eine der großen Stärken von Far Cry. Was mir besonders gut gefällt ist die Möglichkeit, bereits eroberte Außenposten aufzugeben. Dann ziehen die Highwaymen wieder ein, erhöhen die Sicherheitsvorkehrungen und ihr könnt erneut zuschlagen, allerdings mit einem deutlich höheren Schwierigkeitsgrad und besserem Loot. Besonders spaßig ist das Ganze wie immer mit menschlichen Mitspielern, die euch Koop-Schützenhilfe geben.

Fazit: Far Cry New Dawn fühlt sich an wie ein besonders umfangreiches Far Cry 5-Add-on. Ihr begegnet alten Schauplätzen und bekannten Gesichtern, findet Briefe und andere Erinnerungen. Ihr werdet mit New Dawn also definitiv mehr Spaß haben, wenn ihr Far Cry 5 gespielt habt. Der neue Loot- und Craft-Aspekt hat mich bis zum Schluss bei der Stange gehalten und so saß ich nach etwa 15 Stunden zufrieden vor dem Abspann. Ist es das beste Far Cry? Nein, aber es ist ein verdammt unterhaltsamer Ableger, der sich keine groben Fehler leistet.