Key Art (Anno 1800)

Wir haben bereits zahlreiche Stunden mit dem Endlosspiel, dem Multiplayer und der Kampagne verbringen können und verraten, warum sich alle PC-Spieler auf das neue Anno richtig freuen können.

Kampagne und Mehrspieler-Modus von Beginn an

Blickt man auf die Anno-Reihe zurück, vermisst man meist eine Kampagne oder den Mehrspieler-Modus zum Verkaufsstart. Mal kam der Multiplayer erst mit einem Add-on oder die Kampagne wurde nachgereicht. Diesmal lässt sich Entwickler Blue Byte mehr Zeit und liefert direkt zum Verkaufsstart am 16. April das Komplettpaket.

In unserer Preview-Version konnten wir den ersten von insgesamt vier Akten der Kampagne spielen und in der Beta war ein Blick auf den Multiplayer-Modus möglich. Letzterer hatte noch mit Problemen zu kämpfen, da es mit wachsender Stadtgröße und zunehmender Spieldauer immer wieder zu Synchronisierungsproblemen und Spielabbrüchen kam. Dieses Problem muss der Entwickler also bis zum Release noch ausmerzen. Wer übrigens einen Koop-Modus vermisst, dem sei zumindest gesagt, dass es möglich ist, Teams zu bilden. Das entspricht zwar nicht 100 % der Option aus Anno 1404, ist aber besser als ein rein kompetitiver Multiplayer-Modus.

Weizenfelder aus der Nähe (Anno 1800)

Die Kampagne in Anno 1800 dient als großes Tutorial. Wir lernen alle Grundlagen und Neuheiten des siebten Teils der Reihe kennen. Die Story ist schnell zusammengefasst: Wir erhalten einen Brief aus der Heimat von unserer Schwester. Unser Vater wird des Hochverrats bezichtigt und liegt im Sterben. Bis wir es nach Hause schaffen, ist unser Vater bereits verstorben und die Zwischensequenz beginnt mit der Beerdigung. Unser, alles andere als herzlicher, Onkel hat sich das Familiengeschäft unter den Nagel gerissen und will uns in die Schulden stürzen, indem wir für die teure Beisetzung aufkommen sollen.

Zusammen mit unserer Schwester und ehemaligen treuen Mitarbeitern machen wir uns daran, den Namen unseres Vaters reinzuwaschen und uns bei Hofe einen tadellosen Ruf zu erarbeiten. Neu ist dabei, dass wir in Anno 1800 erstmals eigene Entscheidungen bei Quests treffen können und somit den Fortgang der Geschichte leicht beeinflussen. Stecken wir mögliche Gefährder ins Gefängnis, wie unser Onkel es verlangt oder gehen wir der Geschichte nach und finden so womöglich die Wahrheit heraus?

Ein Blick auf die Kampagne dürfte aber auch für Anno-Veteranen und nicht nur für Neueinsteiger interessant sein. Zum einen lernen wir hier neue Features wie die Zeitung kennen und zum anderen geht die Kampagne nach Abschluss in ein Endlosspiel über. Das Bauen unserer Städte ist daher nicht für die Katz, sondern wir können diese nach Abschluss der Story weiter optimieren und ausbauen.

Segelschiff im Hafen (Anno 1800)

Wenn ich mich auch nach einer fertig geschriebenen Preview noch gerne mit der Vorab-Fassung beschäftige, haben die Entwickler definitiv etwas richtig gemacht.

Alte Features kehren zurück

Was in Anno 2205 vermisst wurde, kehrt in Anno 1800 zurück. Wir können im Endlosspiel wieder die Partie in allen Einzelheiten selbst konfigurieren und bekommen es wieder mit KI-Kontrahenten zu tun. Diese bauen ihre Städte selbst, bevölkern weitere Ländereien und sind auch in der Neuen Welt anzutreffen. Piraten und neutrale Händler sind ebenso von der Partie. Statt vorgefertigter Karten gibt es nun wieder Inseln aus dem Zufallsgenerator.

Handelsrouten und Warentransport sind komplett visualisiert. Schluss mit schlichten Linien und Statistiken und sofortigem Transport. Kleine Karren bringen wieder die Waren von A nach B und wir richten wieder die geliebten Transportrouten mit selbst gebauten Schiffen ein. Dabei gilt es die Entfernung zu beachten, etwa wenn wir Güter von Südamerika in die Alte Welt verschiffen.

An der KI von Piraten und Kontrahenten muss Blue Byte allerdings noch etwas schrauben, diese verhielt sich meist sehr passiv. Kämpfe sind übrigens auch in Anno 1800 nur via Schiff möglich, auch wenn komplette Übernahmen von Inseln und Hafenblockaden möglich sind. Wer Landkämpfe will, schaut in die Röhre. Allerdings finden die Schlachten nun endlich wieder in der Spielwelt statt und nicht länger in Extra-Zonen, wie es noch in Anno 2205 der Fall war.

Das Prinzip aus mehreren Zonen kehrt aber dennoch aus Anno 2205 zurück. Hier konnte man zwischen der Heimat, der Arktis, Tundra und dem Mond hin und her springen, was allerdings stets mit nervigen Ladezeiten verbunden war. Diese fallen bei Anno 1800 weg, sodass wir ohne Verzögerung zwischen der Alten Welt und Südamerika wechseln können. Das Mehrzonen-Prinzip macht Sinn, weil wir so größere Städte und Imperien in jeder Zone errichten können und eine Reise nicht mehr nur auf einer Karte stattfindet.

Stadt (Anno 1800)

Ein realistischeres Stadtbild in »Anno 1800«

Anno 1800 bietet fünf Bevölkerungsstufen in der Alten Welt und zwei Stufen in Südamerika. Jede neue Bürger-Stufe verlangt nach mehr und komplexer herzustellenden Waren. Neu ist dabei, dass wir unsere Bewohner nicht länger glücklich machen müssen, damit diese aufsteigen können. Es reicht, die Grundbedürfnisse zu erfüllen, was sich etwa bei reinen Produktionsinseln anbietet. Hier können wir schnell kleine Ortschaften hochziehen, um Waren für die Hauptstadt herzustellen und dass ohne alle Arbeiter 100 % glücklich machen zu müssen. Später soll es dann auch möglich sein, Arbeitskräfte unter Inseln zu verbinden, das passiert aber erst auf der vierten Stufe, die in der Preview-Fassung noch nicht enthalten ist.

Das bringt zwar jeweils Vorteile, aber auch Gefahren mit sich. Die Bewohner auf unserer zweiten Insel neigen eher zu Aufständen und Streiks, liefern wir hingegen alle Arbeiter aus der Heimat an, könnte mit einer Hafenblockade die gesamte Produktion stillgelegt werden.

Ebenfalls neu: Das Ziel ist es nicht länger, alle Häuser auf die höchste Stufe zu bringen, es ist sogar alles andere als ratsam. Brot, Fisch, Fleisch und Bier sind weiterhin gefragt und auch im Stahlwerk muss weiter geschuftet werden. Die feinen Ingenieure wollen sich aber nicht die Hände schmutzig machen, weshalb es weiter Arbeiter braucht. Alle Bevölkerungsgruppen müssen daher vertreten sein, um die jeweiligen Betriebe und öffentlichen Gebäude betreiben zu können. Das wiederum sorgt für ein deutlich realistischeres Stadtbild als je zuvor.

Zeitung (Anno 1800)

Fake News und Gestank

Mit der Zeitung hält ein weiteres interessantes Feature Einzug in Anno 1800. Die Presse greift aktuelle Ereignisse aus der Welt auf und will diese für die Bürger verbreiten. Es hat gebrannt oder es mangelte mal wieder an Bier? Die Journalisten wollen das tatsächlich drucken, gleich gilt auch bei Kriegserklärungen oder Krankheiten, die in der Stadt ausgebrochen sind. Nachrichten können sich positiv oder negativ auf die Produktivität, den Verbrauch und die Stimmung der Bewohner auswirken.

Als Oberhaupt können wir aber auch die Stories gegen positive Meldungen oder auch völlig belanglose Geschichten austauschen lassen (letzteres kostet weniger Einflusspunkte). Ob es gut geht, wenn wir ständig die News »optimieren«? Wir sind da noch skeptisch, zumindest loben uns KI-Mitstreiter, wenn wir die Wahrheit drucken lassen. Übrigens: Streiks schlägt die Polizei nieder, um Krankheiten kümmert sich das Personal im Krankenhaus und für Brände gibt es die Feuerwehr. Ob auf der vierten und fünften Stufe weitere Ereignisse und potenzielle Katastrophen warten, können wir noch nicht sagen, wir würden es uns aber wünschen.

Nachdem wir unsere Zeitung angepasst haben, gibt es auch schon bald ein Bierfest in den Straßen unserer Stadt. Denn wir alle wissen ja, dass einige Meldungen die Bevölkerung nur unnötig verunsichern würden.

Da die industrielle Revolution ein großes Thema in Anno 1800 ist, spielt auch die Luftverschmutzung wieder eine Rolle. Allerdings können wir hier, im Gegensatz zu Anno 2070, nicht einfach auf alternative grüne Technologien und Luftreiniger setzen. Wer die Stahlindustrie aufbaut und Seife herstellt, der muss mit Gestank und schwarzem Rauch leben. Daher empfiehlt es sich, die Industrie so weit wie nur möglich entfernt von Siedlungen aufzubauen. Im Reiter für die Zufriedenheit sehen wir sonst auch, dass die Bewohner nicht gerade glücklich sind, über die Stahlträger-Herstellung in der Nähe.

Fabrik (Anno 1800)

Hier hilft das neue Blaupausen-Feature von Anno 1800. Damit können wir große Areale planen, ohne Ressourcen ausgeben zu müssen, gleichzeitig sind aber Regionen bereits reserviert. Später können wir dann auf Tastendruck die fertigen Gebäude platzieren. Alternativ lassen sich Gebäude auch einfach verschieben, was aber etwas weniger elegant ist. Gerade für Schönbauer und Spieler, die später richtig den Dreh raus haben, ist der Blaupausen-Modus eine schöne Ergänzung.

Wo ist der Kerl im roten Hemd?!

Quests gehören seit vielen Jahren zur Anno-Reihe, allerdings waren diese selten wirklich interessant. Anno 1800 versucht hier, zumindest in Teilen, ein paar frische Ideen einzubringen. Die für uns eher lästigen: »Suche den Kerl im roten Pulli bei der Schule«, gibt es zwar immer noch, aber auch ein paar spannendere oder zumindest stimmigere Alternativen.

Hier fällt uns etwa der Auftrag eines Arbeiters ein, der uns darum bat, ein Foto von seinen Kollegen und der Fabrik im Hintergrund als Erinnerung anzufertigen. Also in den Foto-Modus gewechselt, die Fabrik gesucht und fertig war die Aufnahme. Das ist zwar nicht anspruchsvoll, aber zumindest spaßig.

In der Kampagne gibt es, wie bereits Eingangs erwähnt, noch weitere Quest-Typen, die uns sogar verschiedene Lösungswege anbieten. Als Belohnungen für Quests, sei es von der Bevölkerung selbst oder von Händlern oder KI-Spielern, gibt es zum Teil Geld, aber auch besondere Gegenstände.

So winkt mal ein Tier für unseren Zoo oder ein bestimmter Charakter als Belohnung. Gegenstände und Personen lassen sich in bestimmte Gebäude einsetzen, was etwa die Produktivität im Umkreis erhöht oder für eine höhere Sicherheit sorgt. Personen sind aber auch bei Expeditionen hilfreich, einem weiteren neuen Feature von Anno 1800.

Die erste Expedition dient der Entdeckung von neuen Ländern in Südamerika. Dort warten Gefahren und Reichtümer auf uns und natürlich gibt es auch nur dort bestimmte Ressourcen, die wir wiederum für unsere Bewohner in der Heimat benötigen, wie etwa Rum. In Südamerika kommt schon fast etwas Tropico-Feeling in Anno auf. Bananen-Plantagen, Alpaka-Farm und Öl warten auf uns.

Expeditionen sind aber keine einmalige Geschichte, immer wieder werden uns solche Abenteuer angeboten. Unser Schiff rüsten wir dann mit Holz, Proviant, Alkohol, Waffen oder anderen Dingen aus, um die lange Reise zu überstehen. Während der Fahrt kommt es zu Zufallsereignissen, die wir mal gut oder weniger gut überstehen, was sich wiederum auf Vorräte und Moral auswirkt. Am Ende der Reise winken dann besondere Belohnungen, wie etwa seltene Ausstellungsstücke für unser Museum oder exotische Tierarten für den Zoo. Denn wer will schon für einen heimischen Esel in den Zoo gehen?

Touristen, der Zoo und ein Blick in die Zukunft

In Anno 1800 stecken noch viele weitere Details und Features, darunter Diplomatie, Kriegsführung und der Tourismus, sowie die Städteattraktivität. Auf der dritten von fünf Bevölkerungsstufen schalten wir den Besucherhafen und den Zoo frei. Letzteren können wir relativ frei selbst gestalten, wofür sich der Blaupausen-Modus bestens eignet.

Nachdem wir den Eingang platziert haben, setzen wir lediglich noch Parzellen für Freigehege, Käfige oder Aquarien. In diesen platzieren wir lokale oder idealerweise exotische Tiere, die Besucher in die Stadt locken, was wiederum Kohle durch Tourismus bedeutet. Ist unsere Stadt aber ohne Besucher-Anlegestelle oder einfach nur langweilig und hässlich, geht uns eine große Einnahmequelle flöten.

Daher bauen wir viele Grünflächen und gestalten Zoo und später Museum so eindrucksvoll wie möglich. Die vielen verschiedenen Zierobjekte haben in Anno 1800 also eine große Bedeutung für Tourismus und die Stimmung in der Stadt.

Auf Stufe vier und fünf wird Anno 1800 dann, wie aus der Reihe gewohnt, wohl noch komplexer werden. Die Herstellungskette für Güter dürfte weiter anwachsen und die Bedürfnisse der Bevölkerung immer größer werden. Elektrizität, Kraftwerke, Öl und die Eisenbahn kommen hinzu, was viele weitere Optimierungen und Veränderungen im Stadtbild und Spielablauf mit sich bringen dürfte. In unserer Vorschau-Version waren die beiden letzten Stufen allerdings noch nicht enthalten.

Kleine Insel mit Hafen (Anno 1800)

Geht es zukünftig auch in die Arktis und nach Afrika?

Noch nicht bestätigt, aber auch nicht ganz unwahrscheinlich: Mit DLCs könnten weitere Zonen wie die Arktis und Afrika Einzug in die Welt von Anno 1800 halten. Zeitlich würden Arktis-Expeditionen nahezu perfekt in den Zeitraum des Spiels passen, auch Afrika wäre im Sinne der Kolonialisierung ein Thema. Wie wir auf diese beiden Areale kommen? Auf der Übersichtskarte finden sich neben der Alten Welt und Südamerika auch Grafiken einer Wüsten-Region und im Norden ein Eis-Gebiet für die mögliche Arktis-Erweiterung.

Auch die Antwort vom Entwickler auf eine Community-Frage im Februar lässt sich als weiterer Hinweis deuten. Dort fragte ein Spieler, ob es weitere Gebiete geben wird, etwa Afrika. Blue Byte selbst sagte daraufhin, dass die zwei Sektoren (Alte Welt und Südamerika) für die Veröffentlichung des Spiels final sind. Aber man mal sehen will, ob die Spieler Hunger nach mehr bekommen. Aus unserer Sicht wäre das realistisch, da dies bereits in Anno 2205 der Fall war, etwa mit der Tundra oder in Anno 2070 mit dem Fokus auf den Meeresboden mit der Erweiterung Die Tiefsee.

Fazit: Wenn ich mich auch nach einer fertig geschriebenen Preview noch gerne mit der Beta und Vorab-Fassung beschäftige, haben die Entwickler definitiv etwas richtig gemacht und genau so geht es mir bei Anno 1800. Ich habe bereits viele Stunden in das Spiel investiert, die Stahlindustrie umgesiedelt, um meine Bewohner glücklich zu machen und wilde Tiere für den Zoo organisiert. Der ein oder andere Streik oder »angepasste« Meldungen in der Zeitung lassen wir mal außen vor, denn sicher organisieren die Bürger meiner Stadt nicht grundlos ein Bierfestival, oder?

Anno 1800 nutzt die besten Elemente aus den Vorgängern und verbessert diese geschickt. Gleichzeitig gibt es mit der Expedition, Zoo, Museum, industrieller Revolution und übrigens sogar frei platzierbaren einzelnen Feldern bei Farmen auch viele gelungene Neuheiten im Spiel. Wenn die Entwickler von Blue Byte noch die Probleme im Multiplayer beseitigt bekommen und die KI-Gegner etwas verbessern, steht uns im April ein hervorragendes Spiel bevor.