
Wie bewerten Sie die politische Diskussion und Entscheidungen im Hinblick auf die Entwicklung des eSports?
Hans Jagnow: In den letzten Monaten hat man sich eSports gerade aus der Politik sehr positiv genähert. Man möchte gestalten, fördern und helfen. Nur bei der Frage, ob wir eine Sportart betreiben, scheiden sich noch die Geister – wir werben aber weiterhin dafür, dass eSports und die Leistungen der Athleten als Sportart anerkannt werden.
Wie wichtig ist die künftige Zusammenarbeit zwischen Sport und eSports?
Hans: Auch wenn sich der DOSB zuletzt sehr verhalten zeigte, glaube ich immer noch, dass wir viel voneinander lernen und durchaus einen gemeinsamen Weg gehen können. Nicht nur im professionellen Training oder in den Werten, wovon wir als eSports profitieren. Der Sport braucht auch eine authentische Verbindung zu einer jungen und digitalisierten Bevölkerungsgruppe. eSports kann da helfen.
Wie wird sich eine Professionalisierung darauf auswirken, welche Spiele im eSports gespielt werden?
Hans: Erst mal brauchen wir ein gemeinsames Verständnis davon, was eSports überhaupt ist. Wir als Verband haben da eine Definition vorgelegt, aber das muss gemeinsam mit Spieleentwicklern und Community auch weiter vorangebracht werden. eSports muss als Sonderform von Gaming verstanden werden, der also nach eigenen Regeln funktioniert und die sportliche Leistung am Gerät und den Wettbewerb in den Fokus nimmt.
Werden wir eSports-Übertragungen irgendwann auch im Fernsehen und regelmäßig in großen Stadien wie beispielsweise in China sehen?
Hans: Es laufen schon erste Fernsehsendungen mit eSports. Die Frage ist doch erstens: Schafft es das klassische Fernsehen mit dem rasanten Wachstum von Twitch und YouTube mitzuhalten? Und zweitens: Wann wird eigentlich der traditionelle Sport zu den kostenfreien Streaming-Portalen gehen? Wahrscheinlich werden wir irgendwann Premium-Inhalte wie 4K im Fernsehen zuerst sehen, aber den Reiz von eSports macht die Offenheit und leichte, kostenfreie Zugänglichkeit für Fans aus.
Stadien füllen wir heute schon in Deutschland, aber wir haben da noch viel Potenzial nach oben. Dafür brauchen wir bessere technische Voraussetzungen in den Hallen und Stadien. Schauen wir nur nach Berlin: Mehr als 15.000 Besucher bekommen wir dort schwer unter, weil es keine geschlossenen Stadien mit dem notwendigen Breitbandanschluss gibt. Das ist die Herausforderung der nächsten Jahre.
Hat Deutschland die Möglichkeiten, in Zukunft auch auf internationalem Niveau mitzuhalten?
Hans: Wenn wir uns jetzt anstrengen, dann glaube ich da fest dran. Es kann aber nur mit genug Offenheit und digitaler Kompetenz gehen. Dafür brauchen wir gute Rahmenbedingungen im Nachwuchsbereich, mit der Gemeinnützigkeit wäre da ein erster Schritt getan. Es braucht außerdem Erleichterungen für Profiteams und gezielte Investitionen in diese Strukturen – dann kommen wir auch international wieder an die Pokale. Und es braucht natürlich gute Voraussetzungen für Events und Ligen in Deutschland: begeisterte Entscheidungsträger in den Städten und Kommunen, Erleichterung bei der Einreise ausländischer Athleten durch Anerkennung als Berufssportler. Dann werden wir auf allen Ebenen wettbewerbsfähig.
Ist die eSports-Branche nicht auch ein potenzieller Arbeitsmarkt gerade für junge Leute?
Hans: Da entwickeln sich neben der athletischen Karriere ganz spannende Job-Optionen und Konzepte. In Gera wird gerade eine duale Maßnahme durchgeführt: Teilzeit eSports-Profi, Teilzeit Berufsqualifizierung in der Firma. Wir sehen viele Berufsbilder, die im Sportmanagement für Teams und Vereine entstehen, und dafür werden entsprechende Ausbildungen geschaffen. Daneben aber auch noch viele mediengestalterische Berufe in der Produktion und im Web-Bereich.